©
Fahnen verschiedener Kantone, Zürich, Schweiz

Wer führt die Schweiz in eine nachhaltige Zukunft?

Anderer Kanton, andere Regeln – das ist die Schweiz. Auch im Gebäudebereich entscheiden die Kantone selbstständig und spielen damit eine wichtige Rolle für den Klimaschutz. Der WWF und das Beratungsunternehmen EBP haben sich alle 26 Kantone genau angeschaut und ihre Klima- und Energiepolitik umfassend analysiert.

Der klimafreundlichste Kanton und das wichtigste Resultat

Über alle Themenfelder zusammen ergibt sich folgende Rangliste. Der klimafreundlichste Kanton der Schweiz ist Basel-Stadt. Am meisten aufzuholen hat der Kanton Appenzell Innerrhoden.

Zwar wurden seit dem Kantonsrating 2019 erhebliche Fortschritte erzielt. Trotzdem verfügt bisher noch kein Kanton über Gesetze, die mit der Begrenzung der Klimaerwärmung auf 1,5 Grad vereinbar sind. Insgesamt gilt, dass die Klimapolitik der meisten Kantone ungenügend ist. Das wichtigste Resultat der Studie ist deshalb: Weitere Verbesserungen sind dringend nötig. Den vollständigen Bericht finden Sie hier.

Warum braucht es das Kantonsrating?

Welche Regeln für Heizungen, Solaranlagen, Ladestationen und Energieeffizienz gelten, ist von Kanton zu Kanton verschieden. Gesetze dieser Art sind aber absolut zentral für das Erreichen der nationalen Klimaziele. Denn Gebäude benötigen hierzulande 40 Prozent der Energie und verursachen rund einen Viertel aller inländischen Treibhausgase. Obendrauf bieten sie grosses Potenzial für Solarenergie und Ladestationen für Elektrovelos und -autos.


Um sicherzustellen, dass die globale Erwärmung 1,5 Grad nicht überschreitet, müssen wir möglichst bald aus fossilem Öl und Gas aussteigen. Das Kantonsrating trägt dazu bei, indem es Transparenz in die föderalistisch geprägte Energie- und Klimapolitik der Schweiz bringt. Unser Ziel: Den Druck auf alle Kantone erhöhen, damit sie ihre Gesetze anpassen, ihre Massnahmen verbessern und die Schweiz so ihre Klimaziele erreicht.

Details zum Rating

Wie setzt sich die Bewertung zusammen?

Die kantonale Energie- und Klimapolitik jedes Kantons wird mit 26 Indikatoren in 6 Handlungsfeldern (1. Netto null, 2. Effizienz in Gebäuden, 3. Erneuerbare Wärme, 4. Erneuerbarer Strom, 5. Elektromobilität und 6. Vorbildfunktion des Kantons) bewertet. In jedem Handlungsfeld werden Ziele, Massnahmen und Wirkung wir folgt beurteilt.

  • Ein Zielindikator bildet die verankerten Ambitionen eines Kantons ab.
  • Massnahmenindikatoren bewerten den Umsetzungsstand der relevantesten politischen Massnahmen.
  • Je Handlungsfeld wurden zudem Wirkungsindikatoren erhoben, die den aktuellen Stand der tatsächlichen Emissionsreduktion im Gebäudebereich aufzeigen.

Die einzelnen Indikatoren wurden auf einer Skala von 1 (schwach) bis 5 (vorbildlich) bewertet. Vorbildliche Ziele setzen die Grundlage und den Ambitionslevel für die Ausarbeitung von starken Massnahmen und tatsächlicher Wirkung.

Netto Null

Die globale Erwärmung muss auf 1,5 Grad begrenzt werden. Um dieses Ziel zu erreichen, muss die Welt bis 2050 insgesamt netto null Emissionen erreichen. Aus ethischen Gründen wird erwartet, dass die Länder, die bereits in der Vergangenheit viele Emissionen ausgestossen haben, schneller Ergebnisse erzielen als die Länder des globalen Südens. Daher muss die Schweiz bereits bis 2037 Netto null erreichen für eine mit dem Abkommen von Paris kompatible Klimapolitik.

  • Zielindikator – kantonales Netto-null-Ziel: Der Kanton verpflichtet sich mit einem expliziten Netto-null-Ziel auf kantonalem Territorium zu einer fortschrittlichen Energie- und Klimapolitik. Die beste Bewertung (5) entspricht einem Ziel, das mit dem Paris-Abkommen kompatibel ist (für die Schweiz heisst es, Netto-null bis 2037). Der Nachvollzug des nationalen Ziels bis 2050 (Art. 3 KlG) wird mit 2 bewertet. Spätere oder keine Ziele führen zur tiefsten Bewertung 1.
  • Wirkungsindikator – kantonale Emissionen im Gebäudebereich: Hier werden die kantonalen CO2-Emissionen der Gebäude herangezogen. Je weniger CO2-Emissionen pro Jahr und Kopf, desto besser fällt die Bewertung aus (Skala 1-5).

Effizienz in Gebäuden

  • Zielindikator – Reduktion Energieverbrauch in Gebäuden: Der Kanton verpflichtet sich mit ehrgeizigen Effizienzzielen zu einer starken Reduktion des Energieverbrauchs in Gebäuden. Die Höhe der Ziele und der Zeitraum der Zielerreichung sind klar festgehalten. Kantone mit Zielen, die mit netto null 2037 kompatibel sind, erhalten die Bestnote (5), während jene, die damit nicht kompatibel sind oder keine Ziele haben, mit 1 bewertet werden.
  • Massnahmenindikator – Vorschriften zur Energieeffizienz in Gebäuden: Der Kanton wirkt mit Anforderungen auf eine Steigerung der Energieeffizienz bestehender Gebäude hin, insbesondere durch Erhöhung der Sanierungsrate. Für die beste Bewertung muss die Sanierungsrate durch eine Sanierungspflicht signifikant erhöht werden.
  • Massnahmenindikator – Förderung Energieeffizienz in Gebäuden: Der Kanton setzt finanzielle Anreize, dass die Energieeffizienz der Gebäude steigt. Bewertet wurden die durchschnittlichen Verpflichtungen der Kantone in den Jahren 2020 bis 2022, normiert pro Kopf.
  • Wirkungsindikator – durchschnittlicher Energieverbrauch in Gebäuden: Als Wirkungsindikator für den Bereich Energieeffizienz wird der durchschnittliche Endenergieverbrauch für Komfortwärme pro Energiebezugsfläche (EBF) herangezogen. Je geringer dieser ausfällt, desto besser wird der Kanton auf einer Skala von 1 bis 5 bewertet.
     

Erneuerbare Wärme

  • Zielindikator – Steigerung erneuerbare Wärme in Gebäuden: Der Kanton verpflichtet sich, den Anteil erneuerbarer Energie zur Beheizung von Gebäuden deutlich zu steigern. Die Höhe der Ziele und der Zeitraum der Zielerreichung sind klar festgehalten. Die Ziele wurden auf ihre Kompatibilität mit Netto null bewertet: Sind sie mit dem Ziel Netto null 2037 kompatibel, erhält der Kanton den Bestwert (5), sind sie nicht kompatibel oder sind keine Ziele vorhanden, wird der Kanton mit 1 bewertet.
  • Massnahmenindikator – Vorschriften erneuerbare Wärme in Gebäuden: Der Kanton wirkt mit hohen Anforderungen auf eine schnelle Steigerung des Anteils erneuerbarer Energie zur Beheizung von bestehenden Gebäuden hin. Die beste Bewertung (5) wird erreicht durch eine zeitlich mit dem Paris-Abkommen kompatible Austauschpflicht fossiler Heizungen.
  • Massnahmenindikator – Förderung erneuerbare Wärme in Gebäuden: Der Kanton setzt starke finanzielle Anreize, dass der Einsatz erneuerbarer Energien in Gebäuden steigt. Bewertet wurden die durchschnittlichen Verpflichtungen der Kantone in den Jahren 2020 bis 2022, normiert pro Kopf.
  • Massnahmenindikator – Vorschriften Elektroheizung: Der Kanton wirkt darauf hin, dass Elektroheizungen möglichst schnell und vollständig ersetzt werden. Zeitliche Vorgaben zum Ersatz werden höher bewertet als ein reines Verbot des Neueinbaus. Die beste Bewertung entspricht einer zeitlich klar befristeten, generellen Austauschpflicht zentraler und dezentraler Elektroheizungen.
  • Massnahmenindikator – Energieplanung der Gemeinden: Der Kanton fördert und fordert die Energieplanung durch die Gemeinden. Er stellt den Gemeinden wirksame Werkzeuge zur Verfügung. Für die Bewertung wurden 4 Bausteine untersucht, die der Kanton zur Förderung der Energieplanung von Gemeinden umsetzen kann. Die Einstufung erfolgte abhängig von der Anzahl umgesetzter Bausteine.
  • Wirkungsindikator – Anteil erneuerbare Heizungen im Gebäudebestand: Als Wirkungsindikator des Handlungsfelds Erneuerbare Wärme dient der Anteil Heizungen im Gebäudebestand, die mit erneuerbarer Energie betrieben werden. Als erneuerbare Energieträger gezählt werden Holz, Solarthermie, Umweltwärme und Fernwärme. Je höher dieser Anteil ist, desto besser schneidet der Kanton auf einer Skala von 1 bis 5 ab.

     

Erneuerbarer Strom

  • Zielindikator – Steigerung erneuerbare Stromproduktion: Der Kanton verpflichtet sich mit ehrgeizigen Zielen zu einem Ausbau der erneuerbaren Stromproduktion. Die Höhe der Ziele und der Zeitraum der Zielerreichung sind klar festgehalten. Die Ziele wurden auf ihre Kompatibilität mit Netto null bewertet: Sind sie mit Netto null 2037 kompatibel, erhält der Kanton den Bestwert 5, sind sie nicht mit Netto null 2050 kompatibel oder sind keine Ziele vorhanden, wird der Kanton mit 1 bewertet.
  • Massnahmenindikator – Vorschriften Stromproduktion bei Gebäuden: Der Kanton wirkt mit hohen Anforderungen auf eine schnelle Steigerung der erneuerbaren Stromproduktion hin. Gibt es keine oder ungenügende Anforderungen für Gebäude, erhält der Kanton die schlechteste Bewertung (1). Die beste Bewertung wird erreicht durch eine Ausstattungspflicht mit einer Elektrizitätserzeugungs-Anlage bei allen geeigneten Gebäuden bis spätestens 2050.
  • Massnahmenindikator – Weitere Instrumente zur Steigerung der Stromproduktion: Der Kanton beseitigt konsequent Hindernisse beim Zubau von erneuerbaren Energien. Er stellt wirksame Werkzeuge zur effizienten Planung und Umsetzung von Produktionsanlagen zur Verfügung. Für die Bewertung wurden konkret vier Bausteine untersucht, die ein Kanton zur Förderung von erneuerbaren Energien umsetzen kann.
  • Wirkungsindikator – Installierte Leistung erneuerbarer Stromproduktionsanlagen: Hier wird die gesamte installierte Leistung von neuen erneuerbaren Stromproduktionsanlagen herangezogen. Als neue erneuerbare Anlagen gezählt werden Biomasse-, Wind-, und Photovoltaikanlagen.

     

Elektromobilität

  • Zielindikator – Reduktion von Treibhausgasemissionen im Verkehr: Der Kanton verpflichtet sich zu einer Reduktion der Verkehrsemissionen. Die Höhe und der Zeitraum der Zielerreichung sind klar festgelegt. Bewertet wird die Komptabilität der Ziele mit Netto null. Die beste Bewertung wird erreicht bei Kompatibilität mit Netto null bis 2037, die schlechteste, wenn kein Ziel vorhanden ist oder das Ziel nicht mit Netto null bis 2050 kompatibel ist.
  • Massnahmenindikator – Instrumente zur Förderung der Elektromobilität: Der Kanton unterstützt den Aufbau einer angemessenen Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge. Dazu werden vier Bausteine untersucht. Die Bewertung erfolgt nach Anzahl umgesetzter Bausteine (1 = kein Baustein umgesetzt, 5 = alle Bausteine umgesetzt).
  • Wirkungsindikator – Anteil von batterie-elektrischen Personenwagen am Bestand: Der Anteil batteriebetriebener Personenwagen (BEV) gemäss des nationalen Fahrzeugregisters des Astra (Stand Ende 2023). Die Bewertung basiert auf einer Kombination von Anteil BEV und Motorisierungsgrad (Anzahl nicht-BEV im Bestand pro 1000 Einwohner:innen).
  • Wirkungsindikator – Anteil neuzugelassene batteriebetriebene Personenwagen: Hier wird der Anteil elektrisch betriebener Personenwagen an den Neuzulassungen bewertet. Als Quelle dient das nationale Fahrzeugregister des Astra (Stand Ende 2023). Die Bewertung basiert auf der Kombination von Anteil BEV und Motorisierungsgrad (Anzahl neuzugelassene nicht-BEV pro 1000 Einwohner:innen).


     

Vorbildfunktion des Kantons

  • Zielindikator – Netto-null-Ziel der kantonalen Verwaltung: Der Kanton geht als Vorbild voran und setzt sich ein eigenes ehrgeiziges Netto-null-Ziel für den Betrieb der kantonalen Verwaltung. Die beste Bewertung wird erreicht bei Kompatibilität mit Netto null bis 2030. Ist kein Netto-null-Ziel vorhanden oder wenn ist es nicht mit Netto null bis 2050 kompatibel, ist wird die schlechteste Bewertung erreicht.
  • Massnahmenindikator – Anforderung an Gebäude des Kantons: Der Kanton stellt ehrgeizige Anforderungen an die eigenen Gebäude. Für die Bewertung wurden vier Bausteine untersucht, die der Kanton zur Steigerung der Anforderungen an seine eigenen Gebäude umsetzen kann. Details dazu gibt es im Bericht.
  • Wirkungsindikator – Durchschnittlicher Energieverbrauch in Gebäuden des Kantons: Als erster Wirkungsindikator für das Handlungsfeld Vorbild Kanton wird der durchschnittliche Endenergieverbrauch für Komfortwärme pro Energiebezugsfläche herangezogen. Als Quelle dient das Monitoring der kantonalen Energie- und Klimapolitik des Bundesamts für Energie (BFE 2023b). Aufgrund der teils unzureichenden Datenlage werden die verfügbaren Daten zu Verwaltungsbauten und Schulen verwendet.
  • Wirkungsindikator – Anteil erneuerbarer Heizungen in Gebäuden des Kantons: Als zweiter Wirkungsindikator für das Handlungsfeld Vorbild Kanton wird der Anteil erneuerbarer Heizungen in kantonalen Gebäuden herangezogen. Es wird sowohl das Verwaltungs- wie auch das Finanzvermögen berücksichtigt. 
  • Wirkungsindikator – Anteil mit Photovoltaik ausgerüstete Gebäude des Kantons: Als dritter Wirkungsindikator für das Handlungsfeld Vorbild Kanton wird der Anteil mit Photovoltaik ausgestattete Fläche auf kantonalen Gebäuden herangezogen. Als Gesamtpotenzial wird jeweils die gesamte geeignete Dachfläche verwendet. Es wird sowohl das Verwaltungs- wie auch das Finanzvermögen berücksichtigt.

     

Aktiv werden

Damit wir den Kantonen auch in Zukunft auf die Finger schauen und Sie erfahren, welcher Kanton die Schweiz in eine nachhaltige Zukunft führt, brauchen wir Ihre Unterstützung. Denn der Bericht zeigt uns, in welchen Bereichen Veränderungen am dringendsten nötig sind. Mit diesem Wissen bringen machen wir Druck, damit die Kantone ihre Politik entsprechend anpassen. Dies erfordert viel Geduld, Beharrlichkeit, Zeit und Geld.

Mit Ihrer Spende helfen Sie uns deshalb nicht bloss, in Zukunft ähnliche Berichte zu veröffentlichen und Transparenz zu schaffen, sondern auch Einfluss auf die Entwicklung der kantonalen Gesetze und Verordnungen zu nehmen.

Als Mitglied unterstützen Sie unsere Arbeit langfristig und stärken unsere Unabhängigkeit. Herzlichen Dank.
 

©
Die Verzasca im Tessin, Schweiz

Ich schütze das Klima

CHF Mein individueller Betrag
Der eingegebene Betrag ist tiefer als der Mindestbetrag von CHF
Der eingegebene Betrag ist höher als der Maximalbetrag von CHF

Mit Ihrer Spende kämpft der WWF für einen wirkungsvollen Klimaschutz.

Die Erstellung des Berichts wurde von der Stiftung Mercator Schweiz finanziell unterstützt