Food Waste: Eine Toastreihe zweimal um den Äquator
Rund 170’000 Tonnen Brot werden in der Schweiz allein in Gastronomie, Handel und Haushalten jährlich verschwendet. Reiht man handelsübliche Toastbrote aneinander, käme man damit zweimal um den Äquator. Was absurd klingt, verdeutlicht unseren verschwenderischen Umgang mit Lebensmitteln.
Zitate von Mariella Meyer, Expertin für Ernährung, WWF Schweiz:
«55 Prozent der Lebensmittel landen nicht in menschlichen Mägen, sondern gehen schon beim Anbau und der Produktion verloren oder werden anderweitig für Tierfutter genutzt.»
«Ein Beispiel ist Brot. Vom Korn bis zum Weissmehl geht ein Grossteil als Kleie verloren, was vielfach für die Fütterung von Tieren verwendet wird – dabei wäre das volle Korn besonders gesund für uns.»
«Fast 30 Prozent der Schweizer Lebensmittelverschwendung entsteht in den Haushalten, von dem was wir zuhause in den Abfall schmeissen.»
«Landwirtschaft und Ernährung sind für 80 Prozent der weltweiten Entwaldung verantwortlich, für 30 Prozent der Treibhausgase und 70 Prozent des Verlusts von Biodiversität und Wasser. Die Folgen betreffen uns alle. Deshalb ist es so wichtig, jetzt aktiv zu werden.»
«Unser Ernährungssystem ist aus dem Lot geraten. Während jeder zehnte Mensch auf der Welt zu wenig Nahrung hat, ist ein Drittel der Menschheit übergewichtig und zunehmend auch krank von einer ungesunden Lebensweise.»
«Im Einzelhandel fällt verhältnismässig wenig Food Waste an. Dennoch nimmt er eine Schlüsselrolle in der Wertschöpfungskette ein. Produkte könnten z.B. nach Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums als MHD+» gekennzeichnet länger verkauft werden.»
«Als Konsument:innen können wir darauf achten, Einkäufe besser zu planen. Bei abgelaufen Produkten mit Mindesthaltbarkeitsdatum können wir mit Schauen, Riechen und Schmecken prüfen, ob diese noch etwas länger geniessbar sind. Meist sind sie dies.»
Warum auch Schweizer Food Waste etwas mit der Klimakrise zu tun hat
• Ca. 170'000 Tonnen weggeworfenes Brot in der Schweiz pro Jahr. Umgerechnet in Toastscheiben wären dies ca. 7’000’000'000 reguläre Toastscheiben. Damit könnte man den Äquator rund 2-mal umrunden. Diese Unmenge an verschwendetem Brot verursacht jährlich 100’000 Tonnen CO2 Emissionen. Über die gesamte Wertschöpfungskette gesehen ist es sogar noch deutlich mehr (ca. 350'000 Tonnen). Stark fällt dabei der Prozess von Vollkorn zu Weissmehl ins Gewicht. Die Kleie, die dabei anfällt, wird kaum für die menschliche Ernährung weiterverarbeitet und als Tierfutter verwendet. Die Deklassierung von Brotgetreide zu Futtergetreide spielt eine relevante Rolle.
• Über 250'000 Tonnen Frischgemüse gehen im Jahr schweizweit in den Haushalten, der Gastronomie und dem Handel verloren. Umgerechnet in Rosenkohl liesse sich damit der ganze Sempachersee mit einer Fläche von 14 Quadratkilometer abdecken. Gastronomie, Handel und Haushalte verursachen durch verschwendetes Gemüse pro Jahr über 460‘000 Tonnen CO2 Emissionen.
• 14’772 Tonnen Rindfleisch werden in der Schweiz jährlich in Gastronomie, Handel und Haushalten verschwendet: Dieser surreale Fleischberg wäre in Rindsteaks gestapelt so hoch wie 342-mal das Matterhorn. Die Unmenge an verschwendetem Fleisch löst nicht nur absurde Bilder im Kopf aus, sondern schafft auch sehr reale Probleme wie über 237‘000 Tonnen verursachte C02-Emissionen. Die Auswirkungen auf die Umwelt sind beim Rindfleisch ungleich höher als bei Brot oder Gemüse.
Warum ist heute der «Tag der Lebensmittelrettung»?
Laut dem WWF-Report «Driven to Waste» gehen rund 40 Prozent der weltweit produzierten Lebensmittel entlang der Wertschöpfungskette verloren. Rechnerisch bedeutet dies, dass alle Lebensmittel, die zwischen dem 1. Januar 2024 und heute produziert wurden, in der Tonne landen. Darum ist heute der «Tag der Lebensmittelrettung».
Viele Produkte werden aussortiert, weil sie nicht unseren ästhetischen Ansprüchen genügen – die krumme Gurke, das dreibeinige Rüebli – diese werden von Konsument:innen nicht gekauft und deshalb oftmals gar nicht erst geerntet. Viele Nebenprodukte, die weniger beliebt sind, wie Molke, Kleie oder Innereien, kommen nicht auf den Tisch. Manche Produkte werden falsch gelagert oder beim Transport beschädigt. Darüber hinaus tragen übergrosse Portionen und schlechte Planung erheblich zur Lebensmittelverschwendung bei.
Was können wir im Alltag tun?
Mit rund einem Drittel Anteil gehören auch wir Konsument:innen zu den Hauptverursachern von Food Waste. Mit einfachen Tipps kann jede:r von uns mithelfen, Lebensmittel richtig wertzuschätzen:
• Keine unnötigen Einkäufe: Vor dem Einkauf einen Blick in den Kühlschrank werfen.
• Einkauf planen: Menü planen und Einkaufsliste erstellen.
• Frisches kaufen: Frischprodukte lieber häufiger und gezielter einkaufen. Das ist besser als grosse Wocheneinkäufe, die dann nicht verwertet werden können.
• Auf die eigenen Sinne verlassen: Zuerst testen, ob abgelaufene Produkte wirklich nicht mehr geniessbar sind. Meist sind Produkte über das aufgedruckte Mindesthaltbarkeitsdatum hinaus essbar.
• Food-Waste-Dienste nutzen: Mit Apps wie «Too Good to Go» können Lebensmittel ganz in der Nähe von der Mülltonne gerettet und günstig genossen werden.
• Abfall fachgerecht entsorgen: Essensabfälle nicht im Abwasser entsorgen. Das Herausholen in der Kläranlage braucht zusätzliche Energie.
Kontakt:
Jonas Schmid, Mediensprecher, WWF Schweiz, jonas.schmid@wwf.ch, 079 241 60 57
Das Video zum «Tag der Lebensmittelrettung»: https://www.youtube.com/watch?v=lgPXigx-wjk
Mehr zum Thema: https://www.wwf.ch/de/unsere-ziele/food-waste
WWF-Report «Driven to Waste»:
https://wwfint.awsassets.panda.org/downloads/wwf_uk__driven_to_waste___the_global_impact_of_food_loss_and_waste_on_farms.pdf>