20. März 2023 — Medienmitteilung

WWF appelliert an Regierungen, die Erkenntnisse der Klimaforschung ernst zu nehmen und zu handeln

  • Synthesebericht des Weltklimarates zeigt, wie dringend es ist, die vorhandenen Lösungen schneller zu implementiern
  • WWF-Klimaexpert:innen fordern, den Ausstieg aus fossilen Brenn- und Treibstoffen zu beschleunigen, die Emissionen zu reduzieren und die Natur besser zu schützen und wo nötig wiederherzustellen
  • Die Natur ist die heimliche Verbündete des Klimas - IPCC-Forschende zeigen, dass die Natur in den letzten zehn Jahren rund 54 % der vom Menschen verursachten Kohlendioxidemissionen absorbiert hat

Zitate: 
Thomas Häusler, Klimaexperte des WWF Schweiz
"Die Klimakrise spitzt sich zu. Wir rasen in hohem Tempo in die falsche Richtung. Die Erde erhitzt sich weiter, mit bereits katastrophalen Folgen. Dabei haben wir alle Mittel zur Kehrtwende. Wir müssen sie jedoch konsequent einsetzen."
 
"Es wird immer schwieriger, die Erwärmung der Erde bei anderthalb Grad zu begrenzen. Doch Aufgeben ist keine Option. Jedes Zehntelgrad mehr Erwärmung setzt Menschen und Umwelt gefährlicheren Klimarisiken aus. Der Bericht des IPCC zeigt klar: Die Abkehr von Öl-, Gas und Kohle muss schnell passieren. Dies ist gut möglich: Die Preise für Sonnen- und Windenergie sind im letzten Jahrzehnt drastisch gesunken, nun müssen wir die erneuerbare Energieproduktion rasch ausbauen. Ein Ja zum Klimaschutz-Gesetz am 18. Juni ebnet den Weg dafür."
 
"Die Umwelt ist unsere Verbündete im Kampf gegen die Klimakrise. Im letzten Jahrzehnt hat sie 54% der von Menschen verursachten CO2-Emissionen aufgenommen. Darum darf der dringend nötige Ausbau der erneuerbaren Energien nicht auf Kosten der Biodiversität geschehen.

Dr. Stephen Cornelius, WWF Global Deputy Lead Climate and Energy
"Die wissenschaftlichen Erkenntnisse sind eindeutig - es ist nur der mangelnde politische Wille, der uns von den mutigen Massnahmen abhält, die notwendig sind, um dramatische Folgen abzuwenden. Staats- und Regierungschefs, die die Wissenschaft des Klimawandels ignorieren, lassen ihr Volk im Stich. Ein rascher Ausstieg aus den fossilen Brennstoffen ist unerlässlich, ebenso wie der Schutz und die Wiederherstellung natürlicher Ökosysteme."

Nach einem Verhandlungsmarathon hat die Staatengemeinschaft den Synthesebericht des Weltklimarats (IPCC) der Vereinten Nationen angenommen. Damit liegt nun eine Zusammenfassung der wesentlichen und aktuellen Erkenntnisse aus der Klimaforschung vor. Dieser Bericht zeigt auf, wie stark der menschgemachte Klimawandel bereit fortgeschritten ist, welche Risiken uns drohen, welche Lösungsansätze dringend verfolgt und welche Massnahmen umgesetzt werden sollen. Im Wesentlichen geht es darum zu vermeiden, dass die globalen Temperaturen den gefährlichen Kipppunkt von 1,5 Grad Celsius überschreiten. Dafür müssen die Emissionen rasch reduziert werden: gegenüber 2019 um 43 Prozent bis 2030 und um 60 Prozent bis 2035, damit bis Mitte des Jahrhunderts netto null Emissionen erreichbar sind. 

Der Bericht macht zudem klar, dass die derzeitigen Massnahmen nicht ausreichend sind, um die gesteckten Zwischenziele zu erreichen. Obwohl es bereits in fast allen Bereichen wirtschaftliche Lösungen und Alternativen gibt, werden diese von der derzeitigen Politik nur unzureichend eingesetzt. Die Länder sind aufgefordert, an der nächsten UN-Klimakonferenz COP28 in Dubai eine kritische Bestandsaufnahme vorzunehmen.

Der WWF fordert die Gesetzgeber, Regierungen und Unternehmen auf, die Warnungen des Berichts zu beherzigen und schnell zu handeln, um die Empfehlungen umzusetzen und die Auswirkungen der Klimakrise zu begrenzen. Er ruft die Staats- und Regierungschefs dazu auf, die Emissionen in allen Sektoren rasch zu senken, die Anstrengungen zum Aufbau der Widerstandsfähigkeit gegen extreme Wetterereignisse zu verstärken und die Natur zu schützen und wiederherzustellen. Ein beschleunigter Ausstieg aus fossilen Brennstoffen ist der beste Weg, um zu verhindern, dass der Planet die 1,5°C-Marke überschreitet und die Auswirkungen verheerend werden.

Der WWF begrüsst, dass im Bericht vier Fakten besonders hervorgehoben werden, nämlich dass:
1) es bereits viele kostengünstige Lösungen für die notwendige Umstellung der gesamten Wirtschaft gibt [C.3]
2) die Kosten für erneuerbare Energien wie Wind- und Solarenergie in den letzten zehn Jahren um bis zu 85% gesunken sind [A.4.2]
3) die Bedeutung der Natur und des Naturschutzes aufgezeigt wird - einschliesslich der Notwendigkeit, 30 bis 50 Prozent des Landes, des Süsswassers und der Ozeane der Erde zu erhalten, um die Widerstandsfähigkeit der biologischen Vielfalt und der Ökosystemleistungen auf globaler Ebene zu bewahren [C.3.6]
4) die Dringlichkeit von Massnahmen in diesem Jahrzehnt sowie bis 2035 hervorgehoben wurde, dem Jahr, in dem die Staaten ihre nächsten Beiträge im Rahmen des Pariser Abkommens bekannt geben werden [B.6.1]

Kontakt:
Lydia Ebersbach, Kommunikationsberaterin beim WWF Schweiz, lydia.ebersbach@wwf.ch
Thomas Häusler, Klima- und Energieexperte beim WWF Schweiz, thomas.haeusler@wwf.ch

Zusätzliche Informationen

  • Der Weltklimarat (IPCC) ist das UN-Gremium zur Bewertung der wissenschaftlichen Erkenntnisse über den Klimawandel. Er wurde 1988 vom Umweltprogramm der Vereinten Nationen und der Weltorganisation für Meteorologie gegründet, um politischen Entscheidungsträgern regelmässige wissenschaftliche Bewertungen des Klimawandels, seiner Auswirkungen und Risiken zu liefern und Anpassungs- und Eindämmungsstrategien vorzuschlagen. 
  • IPCC-Sachstandsberichte sind regelmässige Bewertungen der neuesten Erkenntnisse über den Klimawandel, seine Ursachen, mögliche Auswirkungen und Handlungsoptionen. Die Synthese des sechsten Sachstandsberichts berücksichtigt die Ergebnisse der letzten drei Teilberichte, die in den Jahren 2021 und 2022 veröffentlicht wurden, sowie drei frühere Sonderberichte. Weitere Informationen über den IPCC finden Sie hier.
  • Sechs wichtige Erkenntnisse aus den Berichten der drei Arbeitsgruppen des IPCC AR6:
  1. Die globalen Emissionen waren zwischen 2010 und 2019 höher als in jedem anderen Jahrzehnt der Menschheitsgeschichte. Quelle: IPCC WG3 
  2. Die Natur hat in den letzten 10 Jahren 54 Prozent der vom Menschen verursachten Kohlendioxidemissionen absorbiert. 31 Prozent werden von terrestrischen Ökosystemen, einschliesslich Pflanzen, Tieren und Böden, gebunden, und die anderen 23 Prozent werden vom Meer aufgenommen. Quelle: IPCC WG2
  3. Ungefähr 3,3 bis 3,6 Milliarden Menschen leben in Gebieten, die durch die Klimaerwärmung stark gefährdet sind. Quelle: IPCC WG2 
  4. Die Landwirtschaft und die Erzeugung von Nahrungsmitteln ist für etwa ein Drittel (23 bis 42 Prozent) der weltweiten Treibhausgas-Emissionen verantwortlich. Quelle: IPCC WG3 
  5. Es gibt in jedem Wirtschaftsbereich Lösungen, um die Emissionen bis 2030 im Einklang mit einem 1,5-Grad-Pfad zu halbieren. Quelle: IPCC WG3 
  6. Zwischen 2010 und 2019 sind die Kosten für Solarenergie und Lithium-Ionen-Batterien (die zur Energiespeicherung verwendet werden) um enorme 85 Prozent gesunken, während die Kosten für Windenergie um 55 Prozent gefallen sind. Quelle: IPCC WG3 

Der WWF-Bericht "Die Verbündete unseres Klimas" stützt sich auf die Arbeit des IPCC, um die miteinander verknüpften Krisen der Klimaerwärmung und des Verlusts der biologischen Vielfalt aufzuzeigen – beide Krisen sind vom Menschen verursacht.