26. Oktober 2022 — Medienmitteilung

WWF besorgt – Bundesrat mit Kniefall vor der SNB

In seinem heute veröffentlichten Postulatsbericht stellt der Bundesrat der Schweizerischen Nationalbank einen Blankocheck bezüglich Nachhaltigkeitszielen aus. Die Geld- und Währungspolitik der SNB dürfe gemäss dem Bundesrat nicht auf die Verfolgung von klima- und umweltpolitischen Nachhaltigkeitszielen hinauslaufen.

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Nachhaltige Finanzierung der Wirtschaft
  • Der WWF zeigt sich über die Auslegeordnung des Bundesrats besorgt. Denn nicht nur die Wissenschaft, sondern auch viele Zentralbanken und Finanzmarktaufsichtsbehörden kommen zu einem anderen Schluss: Die Zwillingskrise von Biodiversität und Klima hat einen direkten Einfluss auf die Preis- und Finanzstabilität. Daher müssen die Gewährung von Preisstabilität und die Sicherstellung der Finanzmarktstabilität von Zentralbanken zur Eindämmung des Klimawandels und zum Stopp des Biodiversitätsverlusts beitragen.
     
  • Der WWF verweist auf den SUSREG Tracker, welcher darlegt wie andere Zentralbanken und Finanzmarktaufsichtsbehörden den Klimawandel und Biodiversitätsverlust proaktiv angehen. Die Bank of Japan, die schwedische und finnische Zentralbank wie auch die Europäische Zentralbank sind mit ihren Initiativen gute Beispiele für die Schweiz.
     
  • Aus Sicht des WWFs redet der Bundesrat mit seiner Haltung den wichtigen Beitrag der SNB zur Erreichung klima- und umweltpolitischer Ziele klein. Der WWF fordert daher vom Parlament, dass Artikel 5 des Schweizerischen Nationalbanken-Gesetzes präzisiert wird und neu klarstellt, dass das Mandat der Preis- und Finanzstabilität auch verlangt, den Klimawandel zu begrenzen und den Biodiversitätsverlust zu stoppen

Zitat Thomas Vellacott, Geschäftsleiter WWF Schweiz:
«Es gibt keine Preis- und Finanzstabilität ohne ein gesundes Klima und intakte Lebensgrundlagen. Die SNB hat den Auftrag, die Preis- und Finanzstabilität für die Schweiz zu gewähren. Bundesrat und SNB scheinen diese Zusammenhänge zu ignorieren. Nun ist das Parlament gefordert.»

Bundesrat fördert eine fossile Industriepolitik der SNB
Das Postulat verlangte vom Bundesrat eine sachliche Darstellung, wie die SNB mit dem Klimawandel umgeht und die Nachhaltigkeitsziele fördern kann. Der Bundesrat macht es sich zu einfach. Gemäss WWF ignoriert der Bundesrat mit seiner Auslegeordnung wissenschaftliche Fakten und stellt die Unabhängigkeit der SNB ins Zentrum, warum das Mandat der SNB eine proaktive Eindämmung des Klimawandels nicht zulasse. Der Bericht verteidigt damit die aktuelle fossile Industriepolitik der SNB. Für den WWF steht dagegen fest, dass sich Unabhängigkeit und nachhaltige Finanzentscheide nicht ausschliessen.

«Der Bundesrat verkennt im Bericht, dass die Klimaauswirkungen von heute die finanziellen Risiken von morgen sind. Dieser Denkfehler ist folgenschwer: So kann die SNB zum Beispiel weiterhin ihre Fremdwährungsreserven in Aktien und Obligationen von stark CO2-emittierenden Unternehmen investieren, obwohl diese den Klimawandel und die dadurch verursachten finanziellen Risiken befeuern. Damit kommt die Schweiz ihren Verpflichtungen aus dem Pariser Abkommen nicht nach», so Vellacott weiter.

Die Transformation zu einer klima- und biodiversitätsfreundlichen Wirtschaft ist politisch entschieden und schlicht eine Notwendigkeit, so der WWF weiter. Die Realität zeichne aktuell aber ein anderes Bild. Der Bundesrat verpasse mit seinem Bericht eine grosse Chance, die Versäumnisse der SNB bezüglich Nachhaltigkeitszielen aufzuzeigen und damit den notwendigen Druck aufzubauen.

Das Parlament muss nun handeln
Der WWF fordert vom Parlament, dass Artikel 5 des Schweizerischen Nationalbankengesetzes präzisiert wird und neu klarstellt, dass das Mandat der Preis- und Finanzstabilität verlangt, den Klimawandel zu begrenzen und den Biodiversitätsverlust zu stoppen. Der WWF ruft zudem den SNB-Bankrat dazu auf, seine Überwachungsrolle wahrzunehmen und bis Sommer 2023 eine Strategieüberprüfung der SNB durchzuführen. Diese soll die geld- und währungspolitische Strategie der SNB umfassend prüfen und das Fundament für eine zukunftsgerichtete, nachhaltige SNB legen.

Das Postulat und der Bericht dazu
Postulat: https://www.parlament.ch/de/ratsbetrieb/suche-curia-vista/geschaeft?AffairId=20203012
Bundesratsbericht zum Postulat: https://www.admin.ch/gov/de/start/dokumentation/medienmitteilungen.msg-id-90891.html

Kontakt:
Christoph Kinsperger, Mediensprecher WWF Schweiz, christoph.kinsperger@wwf.ch, 078 749 88 14

Weiterführende Informationen

  • In seinem kürzlich veröffentlichten «Call to Action» der «WWF Greening Financial Regulation Initiative» richtet sich der WWF ebenfalls an die Zentralbanken und Finanzaufsichtsbehörden zur Ökologisierung der Finanzregulierung.
  • Der Handlungsaufruf geht Hand in Hand mit der WWF-Roadmap, welche aufzeigt, was Finanzinstitute aufgrund ihres Mandats ausführen müssen, um Umweltauswirkungen zu begrenzen, sich gegen künftige Risiken zu schützen und ihre marktgestaltende Rolle zu nutzen. Unterstützt durch einen technischen Hintergrundbericht.
  • Die Liste der über 90 unterzeichnenden Organisationen und Vordenker:innen der Finanzbranche finden Sie auf der letzten Seite des Call To Actions