20. November 2022 — Medienmitteilung

WWF-Bilanz zur Klimakonferenz: Ein Minimalkonsens, mehr nicht.

Der beschlossene Klimaschadensfonds ist ein Lichtblick an einer sonst enttäuschenden Klimakonferenz. 

  • Beschlüsse der Klimakonferenz sind weit hinter den Erwartungen zurückgeblieben
  • Klimaschadensfonds beschlossen, aber in Ausgestaltung zu vage
  • Schweizer Beitrag zur Klimafinanzierung nur minimal erhöht – und noch abhängig von Ständerat

Resultate ungenügend – und trotzdem ein (kleiner) Lichtblick
«Es ist erstaunlich, dass angesichts der schwierigen geopolitischen Situation und der wenig ambitionierten Präsidentschaft überhaupt kleine Schritte in die richtige Richtung erreicht wurden», sagt Patrick Hofstetter, Klimaschutzexperte beim WWF, der als Vertreter der Umweltverbände Teil der Schweizer Delegation in Ägypten war. Erfolg sieht aber anders aus, wenn es darum geht, die Klimakrise abzuwenden. Doch auch wenn die Verhandlungsresultate als minimal und ungenügend bezeichnet werden müssen, trifft dies nicht zwingend auf den Rest der Klimakonferenz zu. Denn die Konferenz hat sich zu einem wichtigen Treffpunkt entwickelt: Anbieter von Innovationen im Bereich Klimaschutz, Projektentwickler und Finanzierer kommen zusammen, inspirieren sich gegenseitig und unterzeichnen oft auch konkrete Umsetzungsprojekte. Das gibt Hoffnung. Denn es ist die Realwirtschaft, die mitziehen muss, um den Verbrauch fossiler Energieträger so schnell wie möglich beenden zu können.

Was (nicht) beschlossen wurde

Klimaschadensfonds
Unabwendbare Schäden und Verluste sind als Folge der Erderhitzung bereits Realität. Und sie werden grösser, weil die Emissionen nicht schnell genug sinken und Anpassungsmassnahmen nur bedingt möglich sind. Der erhoffte Klimaschadensfonds – eines der grossen Ziele der Konferenz – wurde nun zwar grob umrissen, bleibt in der Ausgestaltung aber noch vage: «Dieser seit vielen Jahren geforderte neue Fonds wurde nicht errichtet, selbst das Fundament ist noch nicht da. Eigentlich wurde erst das Schild angefertigt und der Auftrag gegeben zu schauen, wo man dieses aufhängen soll. Denn es bleibt unklar, woher die Gelder kommen müssen und wie deren Verteilung geschehen soll», sagt Patrick Hofstetter.

Programm zur Emissionsminderung
Im Gegenzug zu dem Kompromiss beim Klimaschadensfonds wurde ein Programm beschlossen, das bis 2030 die verbleibende Lücke zwischen nötigen und tatsächlich umgesetzten Emissionsreduktionen schliessen soll. Dieses soll dabei helfen, die Welt zurück auf einen Pfad zu bringen, der die schlimmsten Klimaschäden verhindert und die weltweite Erwärmung auf 1.5 Grad beschränkt. «Das Mandat des Programms ist allerdings bewusst unscharf formuliert. Letztlich wird es auf den Willen der Länder ankommen, tatsächlich etwas umzusetzen», sagt Patrick Hofstetter.

Fossile Energien
Während es an der Konferenz im Vorjahr erstmals ein Bekenntnis gab, Subventionen für fossile Energien zu beenden und den Kohleverbrauch zu reduzieren, fehlt es in diesem Jahr an der Umsetzung des nächsten logischen Schrittes – dem Bekenntnis zu einem Ausstieg aus allen fossilen Energien. Offenbar waren hier die Länder, die ein starkes Interesse haben, diese Energien weiter zu fördern und zu nutzen, am längeren Hebel.

Prozesse statt Entscheidungen
Im Bereich der Anpassungsmassnahmen, den Anpassungszielen und auch der Klimafinanzierung wurde prozedurale Schritte beschlossen, welche wie geplant nächstes oder übernächstes Jahr umgesetzt werden sollen. «Offenbar sind im Moment nur solch minimale Schritte erreichbar. Besser als nichts, möchte man meinen, weil so die Länder immerhin gewisse Leitlinien erhalten, aber letztlich sind sie völlig ungenügend angesichts des Ausmasses der heutigen und erwarteten Klimakrise», sagt Patrick Hofstetter.

Was heisst das für die Schweiz?
Der bescheidene Fortschritt ist ein Abbild der ungenügenden Klimaschutzaktionen der Länder, Städte, Unternehmen und Haushalte. In den kommenden zwölf Monaten haben wir viele Möglichkeiten, auf politischer Ebene gegenzusteuern. Nötig sind:

  1. Ein Volks-Ja zum indirekten Gegenvorschlag zur Gletscher-Initiative im kommenden Juni,
  2. Ein solides Energiegesetz, damit Energieeffizienz und umweltverträgliche erneuerbare Energien im grossen Stil vorangetrieben werden,
  3. Ein CO2-Gesetz, welches die Schweiz zurück auf Pariser Klimaschutz-Kurs bringt.

In Bezug auf die internationale Klimafinanzierung muss die Schweiz Worten auch Taten folgen lassen und ihre Zahlungen verdoppeln, um einen fairen Anteil zu tragen. «Es kann nicht sein, dass Bundespräsident Cassis in Sharm El-Sheik minimale Erhöhungen der bisherigen Zahlungen zusagt, und zuhause die ständerätliche Umweltkommission dem Ständerat vorschlägt, jene Umweltfinanzierungsgelder wieder zu streichen. Der Ständerat muss in dieser Angelegenheit der Kommissionsminderheit folgen», sagt Patrick Hofstetter.

Kontakt
Lydia Ebersbach, Mediensprecherin WWF Schweiz, lydia.ebersbach@wwf.ch, Tel. 044 297 2127
Patrick Hofstetter, Klimaschutzexperte beim WWF Schweiz
, patrick.hofstetter@wwf.ch, Tel. 044 297 22 77