08. November 2021 — Medienmitteilung

WWF-Studie: Die dunkle Seite des Goldhandels und die zentrale Rolle der Schweiz

Für viele Uhren- und Schmuckhändler ist das Geschäft vor Weihnachten das wichtigste im Jahr. Doch der Abbau von Gold hat verheerende Auswirkungen auf die Umwelt und geht mit sozialen Risiken einher. In seiner neusten Studie deckt der WWF auf, dass bis zu 70 Prozent des weltweit gehandelten Goldes das Import- und Exportland Schweiz passieren. Der WWF fordert Regulierungen zur Sorgfaltspflicht beim Import von Konfliktmineralien und Transparenz von den Unternehmen.

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Gold dust glitters from the dark mud
  • Goldabbau ist oft mit schlechten Arbeitsbedingungen, Sklaverei, Menschenhandel, Kinderarbeit und Zwangsprostitution verbunden. Beim Goldabbau verschmutzen giftige Chemikalien wie Quecksilber und Zyanid die Flüsse und gelangen so über Fische und Landwirtschaft bis zum Menschen. Allein seit 2011 wurden mehr als 500 Quadratkilometer des Amazonas durch Goldabbau zerstört, zurück bleiben Mondlandschaften.
  • Der Goldabbau belastet das Klima mit umgerechnet 12'500 Kilogramm CO2 pro Kilogramm Gold. Das ist fast dreimal so viel wie alle transportbedingten Emissionen in der Schweiz.
  • Jährlich werden ca. 3’300 Tonnen Gold abgebaut. 50 bis 70 Prozent allen Goldes passiert die Schweiz physisch. Die Schweiz ist die zweitgrösste Goldimporteurin und die grösste Exporteurin.
  • Von den zehn grössten globalen Uhrenunternehmen haben fünf ihren Hauptsitz in der Schweiz. Die drei grössten sind die Swatch Group, Rolex und Richemont. Mit Argor-Heraeus SA, Metalor Technologies SA, PAMP SA and Valcambi haben zudem vier der weltweit sieben grössten Goldraffinerien ihren Sitz in der Schweiz.
  • Der WWF fordert sofortige Transparenz von Unternehmen, die Gold beschaffen oder mit Gold oder Goldprodukten arbeiten. Zusätzlich muss die Schweizer Regierung rechtlich verbindliche Regelungen für transparente und verantwortungsvolle Lieferketten etablieren. Nur so kann die Schweiz, als Knotenpunkt für den Goldhandel, sicherstellen, dass das gekaufte Gold unter umwelt- und sozialverträglichen Bedingungen hergestellt wurde.

Zitate von Damian Oettli, Leiter Sustainable Markets beim WWF Schweiz:
«Als zweitgrösste Goldimporteurin hat die Schweiz in ökologischer und sozialer Hinsicht eine besondere Verantwortung.»

«Wir brauchen Regulierungen zur Sorgfaltspflicht beim Import von Konfliktmineralien.»

«Insbesondere durch die freiwillige Verpflichtung von Unternehmen, Transparenz in ihre Wertschöpfungsketten zu bringen und Verantwortung zu übernehmen, kann etwas verändert werden.»

Aus der Studie:

Intransparenter Sektor
Global gehen 49 Prozent des Goldes in den Uhren- und Schmucksektor, 29 Prozent wird als Investition angelegt, 15 Prozent kaufen Zentralbanken und 7 Prozent werden in technische Geräte eingebaut. Die Schweiz nimmt bis zu 70 Prozent des weltweit abgebauten Goldes ab. Oft gelangt dieses auf Umwegen über internationale Zwischenhändler ins Land. Die Studie belegt, dass die meisten Goldimporte in die Schweiz aus Ländern stammen, die keine primäre Goldproduktion haben, beispielsweise aus Grossbritannien (Import 2019 von 130 Tonnen), den Vereinigten Arabischen Emiraten (128 Tonnen) oder Italien (68 Tonnen). Dieses vielschichtige Handelssystem verschleiert die Rückverfolgbarkeit des Goldes und ermöglichet die Vermischung von Gold aus verschiedenen Quellen. Problematisch ist, dass die Zwischenländer oft niedrige Standards in Bezug auf Kundenkontrollen und Einfuhrbestimmungen haben, was den illegalen Goldschmuggel begünstigt und die ursprüngliche Herkunft des Goldes und die Umstände des Abbaus verschleiert.

Schwache Regulierungen
Im Gegensatz zu den USA und der EU hat die Schweiz keine Gesetze, die die Sorgfaltsprüfung von Mineralien aus Konfliktregionen reguliert. Die Schweiz geniesst im Goldhandel eine Sonderstellung, die durch ihre rechtliche Situation begünstigt wird. Neben geringen Anforderungen an transparente Informationen in der Zollstatistik, ist keinerlei Sorgfaltspflicht bei der Einfuhr von Mineralien aus Konfliktgebieten gefordert. Sowohl die USA als auch die EU haben solche Regulierungen. Die Schweiz liegt weit zurück. Auch steuerliche Vorteile spielen bei der Einfuhr von Gold eine Rolle. Hierzulande ist - neben Investment-Gold und Goldmünzen - auch Gold, welches verarbeitet wird, steuerfrei. Auch Legierungen mit anderen Metallen können als Gold deklariert und somit von den Steuern abgesetzt werden. So kann zum Beispiel Silber, welches nur zwei Prozent Gold erhält, steuerfrei importiert werden.

Ökologische und soziale Verantwortung
Konsumentinnen und Konsumenten erwarten von Unternehmen zunehmend, dass sie sich für die Lösung sozialer und ökologischer Probleme einsetzen. Jedes Unternehmen, das Gold beschafft oder mit Gold oder Goldprodukten arbeitet, muss einen Beitrag zu einem transparenteren und verantwortungsvolleren Sektor beitragen. Zusätzlich fordert der WWF Schweiz von der Schweizer Regierung, rechtlich verbindliche Regelungen für transparente und verantwortungsvolle Lieferketten zu etablieren. Unternehmen sollen verpflichtet werden, Risiken für Umwelt und Menschenrechte zu identifizieren und Gegenmassnahmen zu ergreifen (ökologische und menschenrechtliche Sorgfaltsprüfungspflicht). Nur so kann die Schweiz, als Knotenpunkt für den Goldhandel, sicherstellen, dass das gekaufte Gold unter umwelt- und sozialverträglichen Bedingungen hergestellt wurde.

Kontakt:
Damian Oettli, Leiter Sustainable Markets beim WWF Schweiz, 044 297 22 35, damian.oettli@wwf.ch
Corina Gyssler, Kommunikationsbeauftragte WWF Schweiz, 044 297 22 54, corina.gyssler@wwf.ch