07. September 2022 — Medienmitteilung

Zentralbanken und Finanzaufsichtsbehörden werden zu verstärkten Massnahmen für Natur und Klima aufgefordert

In einem «Call to Action» fordert der WWF gemeinsam mit mehr als 90 Organisationen und Vordenker:innen die Zentralbanken und Finanzaufsichtsbehörden auf, Finanzrisiken im Zusammenhang mit der Klimaerhitzung und des Biodiversitätsverlust als Teil ihres Hauptauftrags wahrzunehmen. 

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  • Klimaerhitzung und Biodiversitätsverlust müssen als Doppelkrise behandelt werden. Es braucht koordinierte Massnahmen mit Fokus auf die schädlichsten wirtschaftlichen Aktivitäten, denn diese bringen auch das höchste finanzielle Risiko mit sich.
  • Obligatorische klimabezogene Offenlegungen sind ein wichtiger erster Schritt, reichen aber nicht aus, um sich vor den Risiken des Klimawandels und des Verlusts der biologischen Vielfalt zu schützen.
  • Der WWF überwacht und bewertet die Fortschritte der Zentralbanken und Finanzaufsichtsbehörden bei der Bewältigung dieser Doppelkrise jährlich und macht diese über seinen SUSREG Tracker zugänglich. 

Zitate:
Margaret Kuhlow, Leiterin Sustainable Finance beim WWF International: «Die Aufgabe von Zentralbanken und Finanzaufsichtsbehörden ist, für Finanz- und Preisstabilität zu sorgen. Ohne dringend nötige Massnahmen, klima- und naturbezogene Risiken besser zu verstehen und zu managen, werden diese Risiken erhebliche makroökonomische Auswirkungen haben.»

Jessica Smith, Nature Lead Finanzinitiative des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (UNEP FI): «Es ist wichtig, dass die Zentralbanken und die Aufsichtsbehörden punkto biologischer Vielfalt und Natur aktiv werden und schnell handeln, damit wir den Naturverlust bis 2030 stoppen und unsere Volkswirtschaften bis 2050 in Einklang mit der Natur bringen können.»

Gesunde Natur, gesunde Wirtschaft
Die Weltwirtschaft und das Finanzsystem sind tief in die Natur eingebettet, aber die Natur geht in einem noch nie dagewesenen Tempo verloren. Gesunde Ökosysteme könnten 37 Prozent der Treibhausgase aufnehmen, die es für eine Begrenzung des globalen Temperaturanstiegs auf 1,5 Grad braucht. Doch die Klimaerhitzung, die vom Menschen verursachte Zerstörung von Lebensräumen, der Verlust der biologischen Vielfalt und weitere Ursachen, wie beispielsweise die Entwaldung und Waldumwandlung untergraben diesen Prozess und setzen mehr CO2 frei, als aufgenommen werden kann. Der Schweizer Finanzsektor spielt hierbei eine gewichtige Rolle: Die Schweizerische Nationalbank verwaltet über 1'000 Milliarden Schweizer Franken und der Schweizer Finanzsektor insgesamt über 2’790 Milliarden. Dieses Geld hat Einfluss auf die Umwelt und wird von der Umwelt beeinflusst.

Der «Call to Action» fordert Zentralbanken und Aufsichtsbehörden auf: 

  • «Nature-positive» bis 2030 und maximal 1.5°C Erwärmung bis 2050 als neue nominellen Anker für die Umsetzung ihrer Mandate zu übernehmen, 
  • die Zeithorizonte der Zentralbanken und Finanzaufsichtsbehörden auf 10 bis 30 Jahre zu verlängern,
  • eine Verpflichtung aller regulierten Finanzinstitute einzuführen, glaubwürdige Übergangspläne für Biodiversität und Klimawandel zu veröffentlichen.

Zentralbanken und Finanzaufsichtsbehörden haben die Bedrohung der Finanzstabilität und des allgemeinen Preisniveaus durch Umweltkrisen erkannt und sich verpflichtet, den Klimawandel und den Biodiversitätsverlust zu bekämpfen und den Übergang zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft zu unterstützen. Der WWF und mehr als 90 Organisationen sowie Vordenker:innen aus der Finanzbranche zeigen, dass die derzeitigen Massnahmen - wie die Offenlegung von Klimadaten - nicht ausreichen, um sich vor den Risiken dieser Doppelkrise zu schützen

SNB und FINMA machen noch zu wenig in der Schweiz
Die diesjährigen Konferenzen der UN-Vertragsparteien zur biologischen Vielfalt (COP15) und zum Klima (COP27) sind für Zentralbanken und Finanzaufsichtsbehörden wichtige Gelegenheiten, um Massnahmen zu beschleunigen. Der Bundesrat hat verkündet, dass die Schweiz eine Sustainable Finance-Vorreiterin werden soll. Die SNB und die FINMA können dieses Versprechen massgeblich unterstützen. Jedoch sind die aktuellen Aktivitäten unzureichend, um dieses Ziel zu erreichen.

Weiterführende Informationen

  • Der «Call to Action» kommt von der «WWF Greening Financial Regulation Initiative» zur Ökologisierung der Finanzregulierung. Die Initiative besteht aus einem breiten Netzwerk von Umweltwissenschaftller:innen und Finanzfachpersonen, die den Übergang zu einer naturverträglichen Netto-Null-Wirtschaft unterstützen. 
  • Der Handlungsaufruf geht Hand in Hand mit der WWF-Roadmap, die konkrete Schritte aufzeigt, welche Finanzinstitute aufgrund ihres Mandats ausführen müssen, um Umweltauswirkungen zu begrenzen, sich gegen künftige Risiken zu schützen und ihre marktgestaltende Rolle zu nutzen. Unterstützt durch einen technischen Hintergrundbericht
  • Die Liste aller unterzeichnenden Organisationen und Vordenker finden Sie auf der letzten Seite Call To Action
  • Der «Call to Action» zusammengefasst in unserem Appell-Video: https://www.youtube.com/watch?v=-l9dSczUdYM 

Kontakt: Christoph Kinsperger, Mediensprecher WWF Schweiz, christoph.kinsperger@wwf.ch, 078 749 88 14