Bundesrat hofft, dass Klimaziele von selbst erreicht werden
Heute hat der Bundesrat seine Pläne für die Klimapolitik nach 2030 vorgestellt. Unser Eindruck: ein Update ohne Fortschritt: Dies, obschon die Schweiz damit weit davon entfernt ist, ihre Klimaziele zu erreichen.
Dazu Patrick Hofstetter, Klimaexperte beim WWF Schweiz:
«Neben der Ziellücke zwischen dem Absenkpfad auf dem Papier und den tatsächlich ausgestossenen Emissionen tut sich in der Klimapolitik ein weiterer Graben auf. Was möglich wäre, rückt immer weiter weg von dem, was der Bundesrat zu tun gewillt ist. Klimaziele werden so nicht erreicht.»
Kompensieren statt ernsthaft probieren
Die Schweiz ist nicht auf Klimakurs, obwohl es dafür mit dem Klimaschutzgesetz (KIG) einen entsprechenden Volksentscheid gibt. Um die Zwischenziele bis 2030 auf dem Papier zu erfüllen, setzt der Bund künftig noch stärker auf umstrittene CO₂-Auslandskompensationen (siehe Exkurs unten).
Der WWF hat wiederholt darauf aufmerksam gemacht, dass diese Scheinlösung teuer, unnütz und unfair ist. Zudem vergrössert der Ablasshandel die Ziellücke zwischen dem gesetzlichen Absenkpfad und den tatsächlichen Treibhausgasemissionen. Je länger wir griffige Massnahmen zur Reduktion von Treibhausgasen aufschieben, desto drastischer werden die in Zukunft nötigen Interventionen sein.
Umso erstaunlicher ist es, dass der Bundesrat es versäumt hat, für die Zeit nach 2030 wirksame Instrumente für echten Klimaschutz festzulegen. So sucht man beispielsweise vergebens nach griffigen Massnahmen zur Transformation des Finanzplatzes oder zur Dekarbonisierung des Strassenverkehrs. Auch der vorgesehene Wechsel zu einem neuen Emissionshandelssystem für kleine und mittlere Emittenten, bringt keine Zusatzwirkung, wenn nicht der CO₂ -Preis gegenüber heute deutlich erhört wird. Auch allfällige Förderprogramme können dies nicht wettmachen. Zusammenfassend sind keine Bemühungen erkennbar, die Rahmenbedingungen so zu ändern, dass Klimaschutz für alle attraktiver und einfacher wird.
Klare Rahmen für CO2-Entnahme
Zu begrüssen ist, dass mit einem neuen Rahmengesetz klare Regeln für die CO₂-Entnahme und -Speicherung definiert, werden sollen. Es braucht einen raschen Auf- und Ausbau von CCS/NET (Carbon Capture and Storage/ Negative Emission Technologies) sowie neue, verursachergerechte Finanzierungslösungen mit maximaler Lenkungswirkung.
Klima-Masterplan als Vorbild
Wie umfangreich und vielfältig die bereits verfügbaren Instrumente für wirksamen Klimaschutz sind, zeigt die neuste Version des Klima-Masterplans.
Dazu Patrick Hofstetter, Klimaexperte beim WWF Schweiz:
«Der Klima-Masterplan beschreibt im Detail wie – politischer Wille vorausgesetzt – die Dekarbonisierung der Schweiz binnen zehn Jahren erreicht werden kann. Der WWF empfiehlt dem Bundesrat die Lektüre zur Inspiration. Rasches Handeln lohnt sich, denn Klimaschutz wird nie mehr so «günstig» sein wie heute.»
Kontakt:
Sebastian Obrist, Mediensprecher, WWF Schweiz, sebastian.obrist@wwf.ch, +41 44 297 22 11
Exkurs: In seiner Medienmitteilung schreibt der Bund, dass der Anteil an Massnahmen zur Emissionsminderung im Inland ausgebaut werden solle, womit der Anteil der Emissionskompensation im Ausland kleiner würde. Dieser Anteil – aktuell bei einem Drittel – bezieht sich jedoch auf die Gesamtmenge der zu reduzierenden Emissionen im Vergleich zu 1990. Und diese steigt mit der Zeit. Deshalb sagt der Bundesrat damit aus, dass die Menge der Auslandskompensation gemessen in Tonnen, noch ansteigen darf.
Konkret: Bis 2030 will der Bund die Emissionen im Vergleich zu 1990 um 50 Prozent senken. Ein Drittel davon – etwa 9 Millionen Tonnen CO₂ pro Jahr – darf 2030 maximal im Ausland kompensiert werden. Bis 2040 muss der Ausstoss gemäss KIG aber um 75 Prozent sinken. Wenn weiterhin bis ein Drittel im Ausland kompensiert werden dürfte, entspricht das gut 13 Millionen Tonnen CO₂ im Jahre 2040.
Fazit: Obwohl der Anteil gleich bleibt, steigt die erlaubte Menge an Auslandkompensation in absoluten Zahlen deutlich. Der Bund will also künftig noch mehr CO₂ im Ausland reduzieren lassen, statt im Inland zu reduzieren.