Die geheimnisvollen Wanderrouten der Meeresriesen
Wie verhalten sich Wale? Wohin bewegen sie sich? Haben sie Routen, die sie bevorzugen, oder ändert sich das von Mal zu Mal? Kann man die Kollisionen mit Schiffen verhindern? Auf all diese Fragen gibt es endlich Antworten: WWF und eine globale Koalition von Wissenschaftler:innen, Regierungen und Technologie-Innovatoren haben die Webseite BlueCorridors.org lanciert - eine neue digitale Plattform, die erstmals die Wanderrouten von Grosswalen weltweit erfasst und öffentlich zugänglich macht. Die Plattform kombiniert drei Jahrzehnte Wal-Tracking-Daten mit Informationen über Meeresbedrohungen und Schutzlösungen.

- Erstmals weltweit: Wanderrouten von Grosswalen digital erfasst und öffentlich zugänglich.
- 30 Jahre Satelliten-Tracking von über 50 internationalen Forschungsgruppen fliessen zusammen.
- 7 von 14 Grosswalarten sind gefährdet durch Schiffskollisionen, Fischernetze und Klimawandel. - Unterstützung für das internationale 30%-Ozeanschutzziel bis 2030.
- An Engpässen nutzen Schiffe und Wale die gleichen Routen, was oft zu einer hohen Wahrscheinlichkeit von Zusammenstössen führt.
Zitat von Chris Johnson, Globaler Leiter der WWF-Initiative zum Schutz von Walen und Delfinen
"Blaue Korridore sind Lebensadern für die Riesen der Ozeane und die Ökosysteme, die sie unterstützen. Diese Plattform verwandelt jahrzehntelange Wissenschaft in ein Werkzeug für konkrete Massnahmen."
Zitat von Alice Eymard-Duvernay, Senior Manager Meeresschutz WWF Schweiz:
«Die Schweiz ist als Drehscheibe des Rohstoffhandels und durch ihre Unternehmen für einen erheblichen Teil des internationalen Seeverkehrs mitverantwortlich. Mit dem Tool BlueCorridors.org sehen wir klar, wo die gefährlichsten Knotenpunkte liegen, an denen die Gefahr für Zusammenstösse zwischen Walen und Schiffen besonders hoch ist. Mindestens an diesen Engstellen sollten die Schiffe ihre Geschwindigkeit drosseln und damit eine der Haupttodesursache für Grosswale entschärfen.»
Am 8. Juni feiert man den World Ocean Day und am 9. Juni startet die UN-Ozeankonferenz (UNOC3) in Nizza – es gibt keinen besseren Moment, um diese Plattform zu lancieren. Während der Konferenz will WWF die Regierungen dazu bewegen, konkrete Schritte zu unternehmen: das 30%-Ozeanschutzziel bis 2030 umzusetzen, wissenschaftsbasierte Fischerei-Management-Massnahmen einzuführen und küstennahe Naturschutzprojekte zu unterstützen.
Was macht die Schweiz?
Die Schweiz unterstützt die internationalen Ziele, die man sich zum Meeresschutz vorgenommen hat und spielt dabei eine wichtigere Rolle, als man vermuten könnte. In Bezug auf den Schiffsverkehr ist diese Rolle sogar zentral: Die Mediterranean Shipping Company (MSC) mit Sitz in Genf ist das grösste Container-Schifffahrtsunternehmen der Welt. Dieses Unternehmen betreibt eine Flotte von rund 900 Schiffen und kontrolliert etwa einen Fünftel der weltweiten Containerflotte. Das macht die Schweiz zur grössten Containerschiff-Nation der Welt - noch vor China und Deutschland.
Die Plattform visualisiert Satelliten-Tracking-Daten von über 50 globalen Forschungsgruppen und zeigt kritische Wanderrouten auf, die Wale mit Brut-, Futter- und Sozialhabitaten verbinden. Erstmals können Nutzer:innen sehen, wo sich die Routen von einzelnen Arten wie Belugawalen oder Pottwalen mit Schifffahrtswegen kreuzen. So wird sichtbar, wo Schutzmassnahmen am dringendsten sind.
Bedrohung nimmt zu
Trotz jahrzehntelanger Schutzarbeit bleiben sieben der 14 Grosswalarten gefährdet. Sie sind wachsenden Risiken durch Schiffskollisionen, Verfangen in Fischereiausrüstung, Unterwasserlärm, Plastikverschmutzung und Klimawandel ausgesetzt.
BlueCorridors.org bietet eine innovative Lösung: Das interaktive Tool kombiniert Wanderdaten mit Bedrohungsanalysen und Schutzprioritäten, um gezielte Massnahmen über Ländergrenzen hinweg zu ermöglichen.
Hauptfunktionen:
- Walbewegungs-Karten nach Arten und Jahreszeiten
- Naturschutzdaten für die Planung von Meeresschutzgebieten
- Überschneidende Bedrohungen (Schifffahrt, Fischerei, Klimawandel)
- Fallstudien zu Gefährdungshotspots und Lösungsansätzen
Die Plattform baut auf dem "Protecting Blue Corridors"-Bericht (2022) auf, der erstmals globale Walwanderungen erfasste. Weitere wissenschaftliche Publikationen zur Methodik folgen im Verlauf des Jahres.