14. Juli 2021 — Medienmitteilung

Verlust an Biodiversität: WWF nimmt Zentralbanken in die Pflicht

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Biodiversität und finanzielle Risiken
  • Abholzung der Wälder, Monokulturen und Überfischung sind Praktiken, welche die Biodiversität bedrohen und finanzielle Risiken beinhalten.
  • In einem neuen Bericht hebt der WWF diese Zusammenhänge hervor und ruft die Zentralbanken sowie die Finanzaufsichtsbehörden der ganzen Welt auf, die finanziellen Risiken, welche der Verlust an Biodiversität nach sich zieht, dringend zu berücksichtigen.
  • In der Schweiz sind die Schweizerische Nationalbank (SNB) sowie die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (FINMA) gefordert, zu handeln.  Der WWF stellt hier eine Liste mit Empfehlungen für sie zusammen.

Zitate:
Maud Abdelli, Koordinatorin der Initiative «Greening Financial Regulation» des WWF
«Die Zentralbanken und die Finanzaufsichtsbehörden spielen eine entscheidende Rolle beim Übergang zu einem nachhaltigeren Finanzsystem, das den Menschen, dem Klima und der Natur nützt.»

«Die klimabedingten Risiken werden mehr und mehr berücksichtigt, diejenigen im Zusammenhang mit dem Verlust von Biodiversität wie der Zerstörung des Waldes oder der Überfischung dagegen werden noch weitgehend ignoriert. Es ist dringend notwendig, dieses Manko zu beseitigen.»

Chiara Colesanti, Forscherin am Council of Economic Policies
«Die Zentralbanken und die Finanzaufsichtsbehörden verfügen mittlerweile über ein ausreichendes Fachwissen, um mit klimabedingten Risiken umgehen zu können. Es wird Zeit, dass sie Nutzen aus diesem Wissen ziehen, um ihr Engagement zu intensivieren und andere Umweltaspekte in ihre Vorschriften aufzunehmen.»

Wie die Klimaerwärmung birgt auch der Verlust an Biodiversität bedeutende Risiken für die Finanzakteure. Das zeigt der neueste WWF-Bericht «Nature’s next stewards: Why central bankers need to take action on biodiversity risk».

Ein Beispiel ist die Zerstörung der Wälder. Als eine der Hauptursachen für die Klimaerwärmung wie auch für den Verlust der Biodiversität untergräbt die Abholzung der Wälder das natürliche Kapital der betroffenen Länder und bedroht die Wirtschaft sowie die finanzielle Stabilität der Banken, Versicherungen und Pensionskassen, die direkt oder indirekt an der Finanzierung von Forstprodukten beteiligt sind. Auch der Druck auf die Wasserressourcen kann schwerwiegende Konsequenzen haben für die Wirtschaft und die Unternehmen, die davon abhängen. In Indien beispielsweise betreffen fast 40 Prozente der Kredite, die von den indischen Banken vergeben werden, Sektoren, in denen die mit Wasser verbundenen Risiken (Verschmutzung, Überschwemmung, Trockenheit) gross sind.

Appell an die Zentralbanken der ganzen Welt
In seinem Bericht fordert der WWF die Zentralbanken der ganzen Welt auf, anzuerkennen, dass die Umweltzerstörung mitsamt dem Verlust der Biodiversität ein schwerwiegendes Risiko für die Finanzsysteme darstellt. Er verlangt von den Zentralbanken, die Wirkung ihrer Vorschriften zu untersuchen und Banken, Versicherungen und Pensionskassen zu ermuntern, ihrem Beispiel zu folgen und den Wandel hin zu einer nachhaltigeren Wirtschaft zu vollziehen.

Der Bericht erinnert die Zentralbanken und Finanzaufsichtsbehörden auch an die Existenz von Rechtsgrundlagen, welche sie dazu verpflichten, ihre Verantwortung wahrzunehmen. Dazu gehören etwa die internationalen Standards zur Kontrolle der Banken oder Versicherungen, die präventive Massnahmen verlangen und fordern, vor dem Auftreten neuer Risiken einzugreifen. Die Zentralbanken und die Aufsichtsorgane sind auch angehalten, die Umweltziele ihrer jeweiligen Regierung zu respektieren.

Drei Empfehlungen an die SNB und die FINMA
Eine zunehmende Zahl von Zentralbanken hat damit begonnen, Biodiversitätsrisiken zu untersuchen und in ihrer Aufsichtstätigkeit zu berücksichtigen. Nun müssen auch die SNB und die FINMA nachziehen. Auf der Basis der Schlussfolgerungen seines Berichts ruft der WWF sie deswegen dazu auf:

  • vom Prinzip auszugehen, dass – ähnlich wie die Klimaerwärmung – Umweltzerstörung und Verlust von Biodiversität in ihrem Zuständigkeitsbereich zu finanziellen Risiken führen.
  • präventive Massnahmen zu ergreifen, um die Risiken im Zusammenhang mit dem Verlust von Biodiversität zu reduzieren, so, wie es bereits bei den klimabedingten Risiken gehandhabt wird. Die derzeitigen rechtlichen Rahmenbedingungen liefern Werkzeuge dazu, mittels Überwachung der Risiken in den einzelnen Wirtschaftssektoren (mikroprudenziell), auf regionalem oder nationalem Niveau (makroprudenziell) sowie in der Geldpolitik. Die Zentralbanken müssen diese Risiken auch in ihren eigenen Tätigkeitsbereichen berücksichtigen und Forschung zu diesem Thema durchführen.
  • in Übereinstimmung mit den Umweltzielen der Schweiz zu handeln und sich für eine gemeinsame internationale Finanzregelung einzusetzen, welche umweltpolitische Aspekte integriert und berücksichtigt.

Kontakt
Marie Seidel, Kommunikationsberaterin beim WWF, marie.seidel@wwf.ch, 044 297 22 29

Zusätzliche Informationen
Dieser Bericht des WWF wurde verfasst in Zusammenarbeit mit dem Institute for Climate Economics (I4CE), der Initiative Finance for Biodiversity (F4B), ECOFACT, dem Council of Economic Policies (CEP) sowie der Union internationale pour la conservation de la nature (UICN). Er wird heute im Rahmen der Initiative «Greening Financial Regulation» des WWF publiziert. Das Ziel dieser Initiative ist, den Zentralbanken und den Finanzaufsichtsbehörden dabei zu helfen, die Stabilität und die Widerstandfähigkeit des Finanzsektors so zu stärken, damit sie den klimatischen, umweltbedingten und sozialen Risiken besser gewachsen sind. Ziel ist, die Kapitalströme auf die Finanzierung einer nachhaltigen Wirtschaft umzulenken. Der Bericht kann hier heruntergeladen werden.