Wolfsregulierung: Ja, aber nur bei drohendem Schaden
Vor der nächsten Regulierung der geschützten Tierart Wolf rufen die grossen Naturschutzorganisationen die rechtlichen Grundlagen in Erinnerung: Kantonale Zielwerte für die Anzahl Wolfsrudel oder eine Regulierung ohne Schadenbezug sind nicht rechtskonform. Herdenschutz, ein rasches Eingreifen bei auffälligem Verhalten und ein respektvoller Dialog bleiben die Eckpfeiler der Koexistenz.

Von Anfang September bis Ende Januar dürfen Wölfe, von denen ein konkretes Schadensrisiko ausgeht, basierend auf der revidierten Jagdverordnung geschossen werden. Um die rechtlichen Grundlagen verständlich zu machen, haben die Naturschutzorganisationen ein Übersichtsschema erstellt.
Unauffällige Rudel sind tabu
In seiner Erläuterung zur neuen Jagdverordnung hielt der Bundesrat fest, dass Regulierungen nur zur Verhinderung von Schäden zulässig sind. Ob die Kantone das mit ihren Verfügungen einhalten, muss vom Bundesamt für Umwelt geprüft werden. Sowohl für das Abschiessen eines Einzelwolfs, eines Teils der Jungtiere oder auch eines ganzen Rudels muss ein Bezug zu bereits erfolgtem oder – im Falle der proaktiven Regulierung - plausiblen künftigen Schaden bestehen. Wölfe aus einem Rudel, von dem kein Schaden droht, dürfen demnach nicht geschossen werden. Entsprechend gesetzeswidrig wäre das absichtliche «Herunterschiessen» des Wolfsbestands auf eine kantonale Mindestanzahl Rudel bzw. Anzahl Wölfe. Auch hierzu betonte der Bund, dass die Mindestanzahl ein Minimum und kein Zielwert sei. Die Schweiz trägt Verantwortung für eine überlebensfähige Wolfspopulation in den Alpen, die ihren Beitrag gerade auch zur natürlichen Waldverjüngung, besonders des Schutzwaldes, leisten soll.
Schnelles Eingreifen und Einbeziehen
Wo Wölfe auffälliges Verhalten zeigen, wie beispielsweise eine gezielte Annäherung an Menschen oder das wiederholte Überwinden des Herdenschutzes, sieht die Jagdverordnung schnelle Abläufe vor. Hier gilt es die Sorgen der Bevölkerung ernst zu nehmen, verdächtige Situationen genau abzuklären und im Ernstfall schnell einzugreifen.
Gleichzeitig dürfen Ängste mit allzu vorauseilenden Abschüssen nicht unnötig geschürt werden. Mit entsprechender Sensibilisierung der Bevölkerung über normales und auffälliges Wolfsverhalten und dem Einbezug der Direktbetroffenen in die Lösungsfindung vor Ort wird die Koexistenz mit dem Wolf gelingen.
Herdenschutz wirkt und bleibt zentral
Der Herdenschutz bleibt das A und O für das Nebeneinander von Menschen und Wolf in der Schweiz. Sein kontinuierlicher Ausbau hat bereits vor den Regulierungen dazu geführt, dass sowohl die Anzahl Risse insgesamt als auch die Risse pro Wolf abnahmen. Im aktuellen Alpsommer wurden im Kanton Graubünden erneut weniger Nutztiere gerissen als im Vorjahr 67 vs. 82 im 2024, Stand Ende Juli). Der Herdenschutz muss – Sparübungen zum Trotz – daher unbedingt weiter gefördert werden. Allen Landwirten und Behördenmitgliedern gehört der Dank und Anerkennung für die nicht immer einfache, vielfach sehr anstrengende Arbeit.
Weitere Informationen:
Entscheidungsschema zur gesetzeskonformen Wolfsregulierung
Kontakt:
• Pro Natura: Sara Wehrli, Verantwortliche Grosse Beutegreifer und Jagdpolitik, Tel. 061 317 92 08, sara.wehrli@pronatura.ch
• Gruppe Wolf Schweiz: David Gerke, Geschäftsführer, Tel. 079 305 46, david.gerke@gruppe-wolf.ch
• WWF Schweiz: Jonas Schmid, Mediensprecher Biodiversität, Tel. 079 241 60 57, jonas.schmid@wwf.ch
• BirdLife Schweiz: Raffael Ayé, Geschäftsführer, 076 308 66 84, raffael.aye@birdlife.ch