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Zwei Grüne Meeresschildkröten unter Wasser
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24. Mai 2022

Unter Wasser mit den Meeresschildkröten

Tauchen Sie mit uns ab und folgen Sie «unserer» Meeresschildkröte durch die Weltmeere von ihrer Geburt bis zur Eiablage. Dabei zeigt sich: Nicht nur die Klimaerhitzung bringt das fragile Gleichgewicht der Ozeane und ihrer Bewohner durcheinander, auch die industrielle Fischerei und Plastikmüll sind eine massive Bedrohung.

Gemeinsam ausgebuddelt ...

Der Strand liegt verlassen, ausser Wellenrauschen ist nichts zu hören. Plötzlich bildet sich ein kleiner Trichter im Sand. Er wird grösser und grösser, und dann ist ein kleiner Kopf zu sehen. Zwei dunkle Augen schauen sich um. Nach und nach strampeln sich zwei Flossen durch die Sanddecke, und ein fünfliber-grosser Panzer folgt. Endlich: Die kleine Meeres-schildkröte hat sich aus ihrem Nest herausgegraben, zusammen mit ihren etwa hundert Geschwistern. Fast zeitgleich sind die winzigen Reptilien vor Stunden aus ihren Eiern geschlüpft und haben sich rhythmisch aus etwa 60 Zentimetern Tiefe den Weg nach oben gebahnt. Immer wieder haben sie gemeinsam den Sand nach unten gegraben, immer wieder haben sie sich gemeinsam ausgeruht. An der Oberfläche angekommen, schlagen sie zielstrebig den gleichen Weg ein wie ihre Mutter 46 Tage davor: zum Meer. Woher sie die Richtung kennen, ist unklar – sie folgen wohl der hellen Spiegelung von Mond- oder Sonnenlicht im Wasser.

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Pazifische Bastardschildkröten Jungtiere auf dem Weg ins Meer

... und abgetaucht.

Wenn die Baby-Schildkröte das Wasser erreicht hat, ist die erste Hürde geschafft: Denn am Strand können viele Räuber wie Wildtiere und Menschen lauern. Für sie wäre unsere Schildkröte eine leichte Beute. Im Meer ist sie sicherer. Sie schwimmt so schnell wie möglich weg von der Küste und aus unserer Sichtweite. Wohin, weiss niemand so genau. In der Schildkrötenforschung werden die Jugendjahre einer Meeresschildkröte die «verlorenen Jahre» genannt – was in dieser Zeit passiert, ist unklar. Vermutlich schwimmt unsere Schildkröte ins offene Gewässer und nutzt die Algen, die an der Oberfläche treiben, als Versteck. Auch ihren Speiseplan kennen wir nicht wirklich: Untersuchungen an grünen Meeresschildkröten haben ergeben, dass sie sich zuerst hauptsächlich von Quallen und tierischem Plankton ernähren. Erst mit etwa 3 bis 5 Jahren fressen sie dann vor allem Algen, Seegras und Meerestiere.

Bedrohte Zeitreisende.

Schon zu Zeiten der Dinosaurier haben Meeresschildkröten die Ozeane durchquert. Sie haben erlebt, wie sich Kontinente gebildet haben, wie Inseln entstanden und untergegangen sind. Doch die Bedrohungen unserer Zeit könnten das Ende für die Tiere aus der Urzeit bedeuten.

Sechs der sieben Meeresschildkrötenarten werden von der Weltnaturschutzunion IUCN auf der Liste der bedrohten Arten aufgeführt. Warum? Tauchen wir wieder gemeinsam mit unserer Schildkröte ab.

Unsere Schildkröte ist nun 26 Jahre alt. Sie lebt als Einzelgängerin, ist aber doch nie allein: Ihr Rückenpanzer ist bedeckt von Algen, Muscheln und kleinen Krebsen. Den Grossteil ihrer Geschwister hat sie allerdings bereits verloren. Von etwa 1000 Meeresschildkröten erlebt im Durchschnitt nur eine die Geschlechtsreife mit 20 bis 30 Jahren. Die Gründe dafür sind vor allem die industrielle Fischerei und die Meeresverschmutzung. Auf ihren langen Reisen durch die Weltmeere hat unsere Schildkröte schon oft Plastiktüten mit Quallen – also Nahrung – verwechselt. Zum Glück konnte sie sich aber auf ihre guten Augen verlassen und hat den tödlichen Schmaus verschmäht.

Auch den Schleppnetzen ist sie bisher nicht zum Opfer gefallen. Oft verheddern sich Meeresschildkröten in ihnen und ersticken elend. Schätzungen gehen davon aus, dass allein in den USA jährlich rund 250 000 Schildkröten in Fischereinetzen als Beifang enden und rund die Hälfte dabei stirbt.

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Krebs in Plastiksack im indischen Ozean
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Grüne Meeresschildkröte mit Plastiksack
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Plastikmüll im Pazifik vor Taiwan

Klimaerhitzung führt zu Weibchenüberschuss.

Doch damit nicht genug: Auch die Klimaerhitzung ist eine Gefahr für die Meeresschildkröten. Unsere kleine Meeresschildkröte und ihre Geschwister waren allesamt weiblich. Während der Brut war die Temperatur im Sand über 31 Grad Celsius. Das führt dazu, dass die Schildkrötenbabys ein weibliches Geschlecht ausbilden. Bei Temperaturen unter 28 Grad Celsius bilden sich nur männliche Tiere aus. Liegt die Temperatur dazwischen, gibt es einen Mix der Geschlechter. Durch die Klimaerhitzung wird diese Art der Geschlechteraufteilung ein Problem: Immer weniger Sandstrände sind kühler als 31 Grad, und einige Meeresschildkrötenpopulationen bestehen fast nur noch aus Weibchen.

Unsere Schildkröte ist mittlerweile geschlechtsreif und auf dem Weg zurück an ihren Geburtsstrand. Nur hier wird sie einmal ihre Eier ablegen. Sie schwimmt mehrere tausend Kilometer, direkt darauf zu. Woher sie den Weg kennt? Sie orientiert sich am Magnetfeld der Erde, ähnlich wie Zugvögel!

Wilderer, Nesträuber, Klimaerhitzung.

Vor dem Niststrand treffen Hunderte Schildkröten aufeinander. Sie paaren sich direkt vor Ort. In der Nacht macht sich unser Weibchen auf den Weg an den Strand. Das ist nicht ungefährlich, denn Wilderer oder tierische Nesträuber könnten ihr dort auflauern. Eine weitere, subtilere Gefahr ist wiederum die Klimaerhitzung: Durch den weltweiten Anstieg des Wasserpegels werden die Niststrände der Schildkröten immer kleiner und auf längere Sicht vermutlich ganz verschwinden. Auch Extremwetterereignisse sind eine grosse Bedrohung für die Küstenregionen. Stürme und Starkregen haben die Kraft, ganze Strände auszuradieren.

Der Strand unserer Meeresschildkröte ist aber noch da. Ungestört buddelt sie mit ihren Flossen ein Loch und legt dort ihre Eier ab. Sie bedeckt ihre künftigen Nachkommen sorgfältig mit Sand und bearbeitet diesen so lange, bis man nicht mehr erkennen kann, dass dort ein Schildkrötennest ist. Danach macht sie sich auf den Weg zurück ins Meer. Der Kreislauf ist geschlossen.

Alles ist verbunden.

Der Zustand der Meeresschildkröten spiegelt den Zustand unserer Meere wider. Die Ozeane sind eine unserer Lebensgrundlagen und untrennbar mit dem Klima und dem Wohlergehen unseres Planeten verbunden. Ihr Schutz ist eine Notwendigkeit.

Meeresschildkröten übernehmen eine wichtige Rolle im Meer: Sie befreien beispielweise Korallenriffe von Seetang und pflegen so diese wichtigen Ökosysteme. Auf ihrem Speisezettel steht ausserdem Seegras – die Wunderwaffe im Kampf gegen die Klimaerhitzung. Seegras speichert CO2 bis zu 35-mal schneller als Tropenwald. Fressen die Schildkröten das Gras, wächst es kräftiger wieder nach und kann noch mehr CO2speichern.

Weltweit stark.

Auf der ganzen Welt arbeiten wir mit unterschiedlichen Projekten für den Schutz der Meeresschildkröten und ihres Lebensraums. Ein gutes Beispiel dafür ist der Tun-Mustapha-Park. Das grösste Meeresschutzgebiet Malaysias wurde 2016 mit Unterstützung des WWF gegründet. Auf einer Fläche von 900 000 Hektaren – einem Viertel der Schweiz – ist das erklärte Ziel der Erhalt der beeindruckenden Artenvielfalt vor Ort. Gemeinsam mit den Bewohnerinnen und Bewohnern der Region wurden alternative Einkommensquellen zur Fischerei entwickelt. Jugendgruppen engagieren sich bei Strandsäuberungsaktionen. Mangrovenwälder werden wiederaufgeforstet – so werden die Strände vor der Zerstörung durch Extremwetter geschützt und den Folgen der Klimaerhitzung Einhalt geboten.

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Tun Mustapha Meeresschutz Park

Mit der «Plastic Smart Cities Initiative» arbeitet der WWF mit Städten wie Donsol in den Philippinen oder Izmir im Mittel-meer daran, die Verschmutzung der Umwelt durch Plastik zu verringern: mit innovativen Ideen zur Plastikvermeidung, mit zukunftsträchtiger Abfallentsorgung, sicherer Abfalltrennung und höheren Recycling-Raten. Unser Ziel: Bis 2030 gibt es 1000 «Plastic Smart Cities», die mit uns gegen die Plastikverschmutzung vorgehen.

Zudem arbeiten wir mit verschiedenen Partnern aus der Wirtschaft daran, dass die Fischindustrie umweltschonendere Fangmethoden einsetzt, und wir unterstützen nachhaltig geführte Fischereien, die den Fischbeständen Sorge tragen und Fangmethoden einsetzen, die der Unterwasserwelt und den Tieren nicht schadet. Auf politischer Ebene machen wir uns für weitere Schutzgebiete, die Vernetzung von bestehenden Schutzgebieten, umweltverträgliche Fischereiabkommen und global verbindliche Massnahmen gegen Plastikverschmutzung und gegen die Klimaerhitzung stark. Denn das Meer ist nicht nur ein unfassbar faszinierender und noch nahezu unerforschter Lebensraum, sondern unbestritten auch eine wichtige Lebensgrundlage für uns alle.

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Krabbenfischer vor Honduras
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Fischerboot vor Honduras

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Unsere Arbeit ist darauf ausgerichtet, Meere und Klima gesund und widerstandsfähig zu halten. So haben die Menschen vor Ort eine Lebensgrundlage, und wir können die Artenvielfalt für unsere nachfolgenden Generationen erhalten.

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Korallen in Fiji

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