
Wolf: Weitblick statt Polemik
Die Zahl der Nutztierrisse ist in diesem Jahr zurückgegangen – trotz mehr Wölfen. Die Kantone sind also auf gutem Weg. Umso unverständlicher ist der Entscheid des Bundesrates: Mit der Abschuss-Freigabe von rund zwei Drittel der Schweizer Wölfe setzt er auf Willkür und Hektik.
«Ein pragmatischer Umgang mit der Wolfspräsenz ist für alle Betroffenen anstrengend und herausfordernd, aber machbar.»
Der WWF will das friedliche Zusammenleben von Menschen und Grossraubtieren in der Schweiz fördern. Auf dem Weg dahin ist vor allem der Schutz der in den Alpen sömmernden Schafe und Ziegen notwendig – hier liegt deshalb ein Fokus unserer Arbeit.
Dort, wo der Herdenschutz fachgerecht umgesetzt wird, wirkt er in aller Regel gut. So entfielen im Wallis 2023 wieder 80 Prozent aller Schäden auf ungeschützte Herden.
Daneben bestehen bereits heute Möglichkeiten, um den wachsenden Wolfsbestand zu dezimieren. So sieht das neue Jagdgesetz bei drohenden Schäden oder Gefährdung präventive Abschüsse vor. Das befürworten auch die Umweltorganisationen. Sie stehen hinter dem neuen Gesetz.


Eine willkürliche Jagdverordnung
Sie kritisieren hingegen die im November 2023 vom Bundesrat verabschiedete Jagdverordnung, da diese dem Gesetz und der Verfassung widerspricht. Der heutige Wolfsbestand in der Schweiz von 31 Rudeln soll um 60 Prozent reduziert werden. Wo Weitblick, Pragmatismus und Verantwortungsgefühl im Umgang mit der Präsenz Wolf gefragt wären, wird nun blinder Aktionismus zugunsten vermeintlich einfacher Lösungen betrieben.
So legt der Bundesrat die minimale Anzahl Wolfsrudel auf zwölf fest – verteilt auf verschiedene Regionen, sogenannte Kompartimente. «Ein solcher willkürlicher Schwellenwert hat mit Artenschutz nichts mehr zu tun», sagt Bethlenfalvy. Dieser widerspreche allen wildbiologischen Erkenntnissen. «Es kann nicht sein, dass wir das Zusammenleben auf der Basis von Abschüssen nach Quote gestalten, die Beamte aufgrund einer Excel-Tabelle festlegen.» Der Herdenschutz muss stets zentral bleiben.
Von einem solchen Schwellenwert war während der ganzen parlamentarischen Debatte zum Gesetz nie die Rede und er kommt auch in keinen Materialien zum Jagdgesetz vor.



Wie geht es jetzt weiter?
Der WWF erwartet von den Kantonen, dass sie – wie bisher praktiziert – auf der Basis von Fachkompetenz, Ausgewogenheit und Verhältnismässigkeit agieren. Ihre Arbeit erhält mit dem neuen Jagdgesetz und der Verordnung zusätzlichen Handlungsspielraum im Umgang mit dem Wolf. Gezielte, zeitnahe Eingriffe gegen schadenstiftende Rudel können zu einem Rückgang der Schäden an Nutztieren führen.
Demgegenüber werden wir uns gegen willkürliche Abschussverfügungen wehren, die Gesetz und Verfassung verletzen, wenn nötig auch juristisch.
Braucht es mit der neuen Jagdverordnung noch den Herdenschutz?
Die willkürliche Jagdverordnung schürt unnötig falsche Hoffnungen. Auch mit der neuen Jagdverordnung werden die Betroffenen letztlich erkennen, dass kein Weg an einem flächig umgesetzten Herdenschutz in zumutbarem Ausmass vorbeiführt. Dafür müssen Bund und Kantone unbedingt das notwendige Geld zur Verfügung stellen.
Warum braucht es den Wolf in der Schweiz?
Der Wolf ist als heimische Tierart in die Schweiz zurückgekehrt. Er hat nicht nur ein unveräusserliches Existenzrecht, sondern er erfüllt auch wichtige Funktionen im Ökosystem.
So wirkt er im Wald einem hohen Verbiss durch Hirsche, Gämsen und Rehe entgegen, indem er deren Verhalten beeinflusst. Dies kann die Waldentwicklung fördern, und die Präsenz des Grossraubtiers kann dazu führen, dass sich seltene Baumarten lokal erholen können. Nicht umsonst spricht sich der Schweizer Forstverein klar für den Wolf aus. Leider haben hierzulande die Interessen des Waldes im Vergleich zu jenen der Landwirtschaft einen schweren Stand.
So setzt sich der WWF ein
Letztlich muss das Zusammenleben in den betroffenen Regionen möglichst konfliktfrei und langfristig funktionieren. Dafür braucht es Perspektiven, Wissen und Kooperation. Hier setzt der WWF an: