25. Juni 2020 — Medienmitteilung

Erstmals seit fast 90 Jahren heizt die Schweiz mit mehr Gas als Öl

Der heute vom Bundesamt für Energie publizierte Überblick über den Energieverbrauch zeigt einen Epochenwechsel: Erstmals seit fast 90 Jahren verbrannte die Schweiz mehr Erdgas als Heizöl. Erdgas ist zwar etwas weniger klimaschädlich als Heizöl, aber von Netto-Null-Emissionen weit entfernt.

  • In den heute vom Bundesamt für Energie veröffentlichten Energieverbrauchszahlen für 2019 war es leicht zu übersehen: Zum ersten Mal seit den 1930er Jahren verbrennt die Schweiz mehr Gas als Öl für Raumwärme, Warmwasser und Industrieprozesse.
  • Für den Klimaschutz und die Eigenversorgung der Schweiz ist dies keine gute Nachricht, weil Erdgas genauso aus fossilen Quellen im Ausland stammt wie Heizöl.
  • Die aktuelle Revision des CO2-Gesetzes kann dazu beitragen, dass beim Heizen und in der Industrie Öl nicht durch Gas, sondern durch klimafreundliche Energieträger ersetzt wird.

Zitat Elmar Grosse Ruse: Energie- und Klimaexperte WWF Schweiz:
«Wenn ein fossiler Energieträger einen anderen als Bestseller ablöst, ist das kein Grund zum Feiern. Denn auch Erdgas heizt unser Klima auf. Da hilft auch kein grünes Feigenblättchen aus der Marketing-Maschine der Gaslobby.»

«Auch Erdgas muss zu 100 Prozent importiert werden – zum Teil aus autokratisch regierten Staaten wie Russland. Die Schweiz beendet ihren Beitrag zum Klimawandel erst dann, wenn wir uns vollständig von den fossilen Energien verabschieden; also weder Erdgas noch Erdöl oder Kohle verbrennen.»

Das Bundesamt für Energie (BfE) hat heute den Überblick über den Energieverbrauch der Schweiz im Jahr 2019 publiziert. In den Zahlenkolonnen wird ein Epochenwechsel der Schweizer Energieversorgung leicht übersehen: Nach Jahrzehnten der Dominanz ist Heizöl nicht mehr der am meisten verkaufte Brennstoff in der Schweiz. Stattdessen wurde 2019 erstmals nach fast 90 Jahren mehr Erdgas zum Heizen und für Industrieprozesse verbrannt. Nur wenn man die Treibstoffe – darunter insbesondere Benzin, Diesel und Kerosin – hinzu rechnet, bleibt Erdöl noch der Energieträger Nummer eins der Schweiz.

Nicht aufs falsche Pferd setzen
Die Klimabilanz von Erdgas ist zwar etwas weniger desaströs als die von Heizöl. Aber von Netto-Null-Emissionen ist auch dieser fossile Energieträger meilenweit entfernt. Darüber täuschen auch die Greenwashing-Bemühungen der Gaslobby nicht hinweg. Zudem krebst der Anteil von Schweizer Biogas im Gasnetz seit Jahren bei gerade mal ein Prozent herum. Wer beim Abschied von Heizöl zunächst auf Erdgas setzt, setzt aufs falsche Pferd. Denn so werden immer noch hohe CO2-Emissionen auf Jahre zementiert – bei einer neuen Heizung zum Beispiel für mindestens 20 Jahre. Dabei gibt es bewährte klimafreundliche Alternativen wie Wärmepumpe, Holzpelletheizung oder Fernwärmeanschluss, die über die Lebensdauer oft noch günstiger kommen.

Weg von fossilen Energien – auch durch Entscheid der WEKO
Jetzt hat die Schweiz die ideale Gelegenheit, den fossilen Energieträgern komplett den Laufpass zu geben: Denn die Wettbewerbskommission (WEKO) hat soeben den Weg zur vollständigen Liberalisierung des Gasmarkts geebnet. Damit werden die enormen Margen aus der Gasversorgung – und damit die lukrativen Einnahmen für viele Gemeinden – deutlich sinken. Neue Strategien sind gefragt, denn weiter auf die Gas-Karte zu setzen lohnt sich für Städte und Gemeinden nun ohnehin weniger als bisher. Zudem wird das revidierte CO2-Gesetz den Abschied von Öl- und Gasheizungen erleichtern.

Weitere Informationen:

Kontakt:
Elmar Grosse Ruse, Klima- und Energieexperte, WWF Schweiz, 078 745 23 41, Elmar.GrosseRuse@wwf.ch

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Elmar Grosse Ruse, Klima- und Energieexperte, WWF Schweiz, 078 745 23 41, Elmar.GrosseRuse@wwf.ch