15. August 2025 — Medienmitteilung

Kalte Bäche für heisse Tage: Warum die Politik jetzt umdenken muss

Die aktuelle Hitzewelle zeigt einmal mehr: viele Schweizer Flüsse führen zu wenig Wasser. Das bedroht Tiere und Pflanzen – und langfristig auch uns. Was jetzt passieren muss, damit unsere Gewässer überleben.

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Gewässer

•    Forschende der eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL) warnen: Die heutigen Restwassermengen reichen nicht aus, um das Überleben von Fischen, Insekten und Pflanzen in der Schweiz zu sichern.

•    Um Bäche und Flüsse als Lebensräume zu erhalten, müssen die Mindestmengen an Wasser den ökologischen Anforderungen entsprechen - und flexibel genug sein, um auf die Klimakrise zu reagieren.
 

Zitat Gabriel Cisarovsky, Gewässerexperte beim WWF Schweiz: 
«Restwasser bedeutet Leben – für Tiere, Pflanzen und uns Menschen. Ohne genügend Wasser können unsere Bäche und Flüsse ihre Funktion als Lebens- und Erholungsraum, als Landschaftselement und Grundwasserspender nicht erfüllen. Es ist höchste Zeit, dass sich die Restwasser-Mengen stärker an den klimabedingten Veränderungen orientieren.»

Unter dem Einfluss der Klimakrise nimmt die Sommerhitze ständig zu. Sie führt nicht nur beim Menschen zu Stress, sondern setzt auch das Leben in unseren Gewässern unter Druck. Viele Gewässerlebewesen leiden unter zu hohen Temperaturen und suchen Abkühlung und Schatten. Dies geht aber nur, solange genügend Wasser in den Bächen und Flüssen fliesst.  

Als die Restwasserbestimmungen vor über 30 Jahren ins Gewässerschutzgesetz aufgenommen wurden, setzte sich ein Ansatz durch, der tiefere Mindestmengen erlaubte, als ökologische Studien empfohlen hatten. Zudem sind Ausnahmen möglich, die es unter bestimmten Bedingungen erlauben, selbst dieses Minimum zu unterschreiten – mit gravierenden Folgen für Fische, Pflanzen und Wasserinsekten.

Zwei von drei Fischarten vom Aussterben bedroht
Acht von zehn Tier- und Pflanzenarten in der Schweiz leben im oder am Wasser. Doch viele dieser Arten sind bedroht – nicht zuletzt wegen zu tiefer Restwassermengen. Zwei von drei Fischarten gelten als gefährdet, besonders wandernde und empfindliche Arten, die auf kühles, sauerstoffreiches Wasser angewiesen sind. Die Klimakrise verschärft die Lage zusätzlich: Steigende Temperaturen lassen Gewässer austrocknen. Die Ufervegetation verändert sich zu einem Trockenstandort.

Ohne Restwasser kein Leben
Eine vor kurzem veröffentlichte Studie der WSL betont, dass die gesetzlich vorgeschriebenen Restwassermengen oft zu tief angesetzt sind und nicht ausreichen, um das Leben in unseren Gewässern zu schützen. Die Autoren schlagen neue Regeln vor: Restwasser soll sich stärker an den Bedürfnissen der Natur orientieren, Konzessionen für Wasserkraft flexibler gestaltet werden und die tatsächlichen Auswirkungen auf die Stromproduktion transparent gemacht werden. Denn der Einfluss der Restwasser-Bestimmungen auf die Stromproduktion sei in der Vergangenheit überschätzt worden.

Für den WWF ist klar: Schweizer Fliessgewässer brauchen genügend Wasser, um ihre Funktion als Lebensraum für Pflanzen und Tiere sowie als Erholungsraum für uns Menschen zu erfüllen. Restwasserbestimmungen müssen sich an den ökologischen Mindestanforderungen orientieren. Dafür braucht es künftig flexible Lösungen, die den klimabedingten Veränderungen Rechnung tragen können.

Weiterführende Informationen: 
WSL-Studie: Wechsler T., Schirmer M., Bryner A. (2025) Restwasser. Die Suche nach der angemessenen Menge - Festlegung, Wirkung und Anforderungen. Aqua Gas. 105(3), 48-53.

EAWAG-Studie: https://www.eawag.ch/de/info/portal/aktuelles/news/wie-stark-sich-schweizer-fliessgewaesser-erwaermen-werden/

Publikation BAFU 2021: «Auswirkungen des Klimawandels auf die Schweizer Gewässer»

Faktenblatt Restwasser des Schweizerischen Fischereiverbands
 

Kontakt:
Jonas Schmid, Mediensprecher WWF Schweiz, jonas.schmid@wwf.ch, 079 241 60 57