19. Mai 2021 — Medienmitteilung

Ungenügende ökologische und soziale Verpflichtungen bei globalen Sojahändlern

Sojahändler gehen unzureichend gegen die verheerenden Auswirkungen der Sojaproduktion auf Wälder und andere wichtige Ökosysteme und gegen Menschenrechtsverletzungen innerhalb der Sojalieferketten vor. Das zeigt die heute von WWF und Global Canopy veröffentlichte Soja-Scorecard. Sie analysiert die Massnahmen der 22 weltweit grössten Sojahändler, um kritische Umwelt- und Sozialprobleme in Lieferketten zu lösen.

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Sojafeld im Bundesstaat Paraná, Brasilien
  • Soja ist einer der grössten Treiber der weltweiten Entwaldung und Waldumwandlung. Der Sojaanbau stösst immer tiefer in artenreiche Wälder und Savannen vor. So gehen ökologisch wertvolle Lebensräume verloren, die für Tiere, Pflanzen und im Kampf gegen die Klimakrise eine wichtige Rolle spielen.
  • Die landwirtschaftliche Ausdehnung des Sojaanbaus auf die einheimische Vegetation führt zu einem erhöhten Druck auf indigene Völker und lokale Gemeinschaften, die dadurch von ihren Lebensgebieten vertrieben werden und damit ihre Lebensgrundlage verlieren.
  • Um entwaldungsfreie Lieferketten zu gewährleisten und Menschenrechtsverletzungen zu verhindern, müssen Sojahändler die Transparenz ihrer Lieferketten verbessern und diese laufend erhöen und sich zur unbedingten Einhaltung von Menschenrechten verpflichten und somit den Markt für Soja aus abgeholzten oder umgewandelten Flächen schliessen.
  • Leider zeigt die Soja-Scorecard: Die Selbstverpflichtungen der Sojahändler decken weder alle gefährdeten Gebiete ab noch umfassen sie die gesamte Lieferkette.

Zitate Romain Deveze, Rohstoffexperte WWF Schweiz:
«Sojahändler müssen transparenter werden und sich zur Einhaltung von Menschenrechten in ihren Lieferketten verpflichten. Gleichzeitig müssen die Händler den Markt für Soja aus abgeholzten oder umgewandelten Waldflächen schliessen.»

«Die bestehenden Verpflichtungen der Händler zu entwaldungs- und/oder umwandlungsfreier Soja sind zu schwach. Es fehlen klare Zieldaten und sie werden nicht gleichmässig über die gesamte Lieferkette oder auf alle gefährdeten Ökosysteme angewendet. Darüber hinaus spiegeln die Zieldaten in den bestehenden Verpflichtungen nicht die Dringlichkeit des Themas wider.»

Die 22 in der Soja-Scorecard analysierten Sojahändler decken zusammen 84 Prozent der Sojaexporte der weltweiten Produktion ab (2020) und spielen bei der Vermeidung von Abholzung und Waldumwandlung in Sojalieferketten daher eine zentrale Rolle. Unter den analysierten Händlern ist auch der Agrarkonzern Viterra (top 10 soya trader), der 2013 vom weltweit grössten und in der Schweiz ansässigen Rohstoffhändler Glencore übernommen wurde.

Nur neun der insgesamt 22 befragten Sojahändler haben auf die Umfrage der Soja-Scorecard geantwortet. Sie decken zusammen 52 Prozent der weiltweiten Sojaexporte ab. Das höchste erreichte Ergebnis lag bei nur 52,5 Prozent, das Schweizer Unternehmen Glencore schnitt mit nur 33,5 Prozent wesentlich schlechter ab.

Der WWF fordert Agrarunternehmen dazu auf, ihre Verpflichtungen auszuweiten und Aktionspläne umzusetzen, die sich an den Leitlinien der Accountability Framework Initiative (AFi) orientieren, während sie gleichzeitig die Transparenz bei der Berichterstattung über die Risikoexposition und die Fortschritte bei den Verpflichtungen im Laufe der Zeit erhöhen. Sojaeinkäufer müssen ihre eigenen Sojalieferketten transparent und frei von Abholzung und Umwandlung machen, Menschenrechte einhalten und von ihren Lieferanten verlangen, dass sie dasselbe für ihre gesamte Geschäftstätigkeit tun. Von politischen Entscheidungsträgern fordert der WWF verbindliche Gesetze, die strenge Sorgfaltspflichten von Handelsunternehmen verlangen. Neue Handelsabkommen müssen soziale und ökologische Nachhaltigkeitsstandards enthalten. 

Mehr Information:
Details zu den Ergebnissen, der Methodik und den Empfehlungen der Scorecard finden Sie auf https://soyscorecard.panda.org/traders.

Die gesamte Soy Traders Scorecard finden Sie unter diesem Link.

Die Zusammenfassung der Soy Traders Scorecard finden Sie hier.

Hintergrund Soja-Anbau:
Millionen Hektar kritischer Lebensräume im Cerrado, dem Atlantikwald, dem Gran Chaco und Chiquitania in Südamerika und den Great Plains in Nordamerika wurden für Sojafelder umgepflügt. Der grösste Verlust liegt laut dem WWF-Bericht "2020 Deforestation Fronts" im Amazonas (Brasilien, Kolumbien, Peru, Bolivien, Venezuela und Guyana) mit 18,3Millionen Hektar zerstörtem Wald und im Gran Chaco (Paraguay und Argentinien) mit 5,2 Millionen Hektar zerstörter Regenwald (Zeitraum 2004 bis 2018). Die global wachsende Nachfrage nach Proteinen für Tierfutter treibt diese Expansion an, die zunehmend auch die afrikanischen Savannen und die einheimischen Graslandschaften Zentralasiens in Mitleidenschaft zieht und damit Wildtiere, Natur, Menschen und das Klima gefährdet. Der WWF Bericht «Stepping up: The continuing impact of EU consumption on nature» zeigt, dass die EU einer der weltweit grössten Importeure von Tropenwaldabholzung ist. Und der Bericht «Risky Business: Deforestation and social risks in Switzerland’s imports of commodities» legt dar, wie Schweizer Importe von land- und forstwirtschaftlichen Rohstoffen die Entwaldung anheizen.

Kontakt:
Corina Gyssler, Kommunikationsbeauftragte WWF Schweiz, 044 297 22 54, corina.gyssler@wwf.ch
Romain Deveze, Rohstoffexperte, WWF Schweiz, +33 67 892 45 43, romain.deveze@wwf.ch