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Landwirtschaftliche Fläche, die ökologisch aufgewertet wurde
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06. April 2022

In 6 Schritten zu einer widerstandsfähigen Landwirtschaft

Je unruhiger die internationale Lage, desto lauter werden auch Fragen nach der Ernährungssicherheit und der Selbstversorgung der Schweiz. Die Ängste sind gross, die Unsicherheiten auch. Statt Mythen zu nähren, lassen wir deshalb Zahlen sprechen. Entdecken Sie sechs Grafiken zum Thema Ernährungssicherheit. 

Die Landwirtschaft hat den Auftrag, für eine sichere Nahrungsmittelversorgung der Bevölkerung zu sorgen. So steht es in der Verfassung. Klar ist: Unseren heutigen Verbrauch werden wir nie zu 100 Prozent im Inland produzieren können. Mit den richtigen Massnahmen können wir unsere Selbstversorgung aber auf rund 80 Prozent steigern. So können wir dafür sorgen, dass wir unabhängig von der internationalen politischen und wirtschaftlichen Lage möglichst genug zu essen haben. Kommen Sie mit auf eine datenbasierte Reise durch die Ställe und auf die Äcker und Wiesen der Schweiz. 

1. Artenvielfalt – auf und neben dem Feld

Je weniger Arten in einem Ökosystem, desto anfälliger ist es auf Störungen. In der Schweiz nimmt die Biodiversität seit Jahren kontinuierlich ab, und die Landwirtschaft ist ein wichtiger Treiber dieser Entwicklung. Denn eine pestizid- und düngerintensive Bewirtschaftung laugt unsere Ackerböden aus. Umso wichtiger ist es, dass wir die Biodiversität aktiv fördern: Indem wir mehr verschiedene landwirtschaftliche Kulturen anbauen und indem wir Fläche für die Biodiversität bereitstellen. Wer die Ernährungssicherheit bedroht sieht, wertet diese Biodiversitätsflächen gerne als verschwendeten Platz. Aber ein Blick auf die Datenlage zeigt: Weniger als 1 Prozent der gesamten Ackerfläche wird für Biodiversität genutzt. Das ist paradox, weil die Branche direkt von einer intakten Artenvielfalt profitiert. Denn die Zahl der Bestäuber-Insekten und weiterer Nützlinge wirkt sich positiv auf den landwirtschaftlichen Ertrag aus. 

Grafik: Weniger als 1 Prozent der gesamten Ackerfläche wird in der Schweiz für Biodiversität genutzt.

2. Mehr Ackerfläche für menschliche Nahrung nutzen

Nur vierzig Prozent der Ackerfläche wird direkt für die Produktion von menschlicher Nahrung verwendet. Den ganzen Rest nutzen wir für die Fütterung unserer Nutztiere. Der Ertrag in Form von Nahrungsmitteln für den Menschen ist dabei höchstens 20 Prozent dessen, was die gleiche Fläche an direkten essbaren Nahrungsmitteln, beispielsweise Kartoffeln, hergegeben hätte. Der Selbstversorgungsgrad der Schweiz – also der Anteil der Lebensmittel, der durch die heimische Produktion gedeckt wird – liesse sich einfach steigern, wenn mehr Fläche für die Produktion direkt essbarer Pflanzen genutzt wird statt für Tierfutter.  

Grafik: Unser Selbstversorgungsgrad bei pflanzlichen Nahrungsmitteln beträgt seit Jahren nur rund 40 Prozent.

3. Weniger Nutztiere, weniger Abhängigkeit

Ernährungssicherheit bedeutet auch, dass die Abhängigkeit vom Ausland für Tierfutter reduziert werden soll. Aktuell fressen vor allem Schweine und Hühner importiertes Futter in grossen Mengen. Wenn wir unseren Konsum von tierischen Produkten gemäss Empfehlungen für eine gesunde Ernährung reduzieren und damit verbunden weniger Schweine und Hühner halten, werden wir gleichzeitig unabhängiger vom Ausland. 

Grafik: Schweine und Hühner werden mehrheitlich mit importiertem Futter gefüttert.  

4. Dünger und Saatgut «made in Switzerland»

Mineraldünger wird zu 100 Prozent aus Ländern wie Deutschland und Russland importiert. Dabei wäre eine Produktion ohne Mineraldünger möglich. Die leicht geringeren Erträge sind verschmerzbar, wenn gleichzeitig weniger Tierfutter angebaut wird (siehe Punkt 3). Besonders interessant: Werden vermehrt Hülsenfrüchte wie Linsen und Bohnen in die Fruchtfolge integriert, produziert man nicht nur mehr menschliche Nahrung, sondern kann auch Dünger einsparen. Denn Hülsenfrüchte fixieren Stickstoff im Boden und fördern die Bodenfruchtbarkeit. Dies ist also ein doppelter Gewinn! 

Auch beim Saatgut gilt: Je mehr Saatgut im Inland produziert wird, desto unabhängiger ist unsere Landwirtschaft. Deshalb sollte die eigene Pflanzenzüchtung gestärkt und unabhängige Samenbanken gefördert werden. Dies ist auch angesichts der Klimakrise wichtig: Die klimatischen Veränderungen verlangen widerstandsfähige lokale Sorten. 

Grafik: Die Schweiz importiert 100 Prozent des Mineraldüngers. 

5. Mehr Kartoffeln, weniger Zuckerrüben

Derzeit orientiert sich der Selbstversorgungsgrad ausschliesslich an der Menge an Kalorien, die produziert werden im Verhältnis zum Gesamtverbrauch. Entscheidend für eine ausgewogene Ernährung ist aber nicht nur die Anzahl, sondern auch die Zusammensetzung der Kalorien, die wir zu uns nehmen, also der Anteil an Kohlenhydraten, Eiweissen und Fetten. Deswegen ist der Selbstversorgungsgrad allein kein guter Indikator für die Ernährungssicherheit. 

Wir produzieren beispielsweise genug Zucker-Kohlehydrate, um den empfohlenen Bedarf von 16 Millionen Menschen zu decken. Gleichzeitig können wir mit der jetzigen Kartoffelproduktion den empfohlenen Bedarf an Stärke für die Schweizer Bevölkerung noch nicht decken. Eine Produktion, die darauf ausgerichtet ist, was unser Körper wirklich braucht, würde die Ernährungssicherheit steigern. «Mehr Kartoffeln statt Zuckerrüben» lautet deshalb das Motto der Zukunft. 

Grafik: Was die Schweiz produziert und was die Weltgesundheitsorganisation empfiehlt. 

6. Zu guter Letzt: Fossilen Energieverbrauch reduzieren

In der Schweiz gibt es keine natürlichen Vorkommen von Öl oder Gas. Dennoch verbraucht die Landwirtschaft grosse Mengen davon, etwa weil die Maschinen immer schwerer werden. Damit die Produktivität auch in Zeiten der Krise aufrechterhalten werden kann, gilt es, den Energieverbrauch in der Landwirtschaft vermehrt mit erneuerbaren Energien zu decken. Gerade die grossflächigen Hofdächer eignen sich häufig für Solaranlagen. 

Grafik: Die Landwirtschaft verbraucht nach wie vor viel fossile Energie. Direkte Energie sind Diesel, Benzin, Gas, Heizöl oder Elektrizität, beispielsweise zum Antrieb von Traktoren und Motormähern. Indirekte oder graue Energie ist in Bau, Unterhalt und Entsorgung der Infrastruktur geflossen.

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Jaguar im Dickicht

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Panda liegt auf Baum

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