Was Sie zum Pestizid-Vorstoss wissen sollten
Für die Produktion von Lebensmitteln ist die Landwirtschaft auf Schädlingsbekämpfungsmittel angewiesen. Doch die Schweiz darf nicht zum Sammelbecken für riskante Pestizide werden. Mit dieser Parlamentarischen Initiative setzen wir unsere Umwelt, unsere Gesundheit und unsere Zukunft aufs Spiel. Statt neuer Pestizide braucht es eine echte Stärkung der nachhaltigen Landwirtschaft.
Hier finden Sie die wichtigsten Antworten zur umstrittenen Initiative:
Warum uns das Thema Pestizide am Herzen liegt
Der WWF setzt sich weltweit für den Erhalt der Artenvielfalt und der Natur ein. Dabei engagieren wir uns auch in Projekten für eine umweltverträgliche Landwirtschaft. Sie zielen darauf ab, Erträge zu erzielen, ohne unsere Lebensgrundlagen zu zerstören. Mit Ihrer Spende unterstützen Sie beispielsweise unser Engagement, Projekte für eine umweltverträgliche Landwirtschaft voranzutreiben.
Was ist die parlamentarische Initiative Bregy?
Die parlamentarische Initiative fordert, nicht nur Pestizide aus Nachbarländern, sondern auch solche aus Belgien und den Niederlanden in einem vereinfachten Verfahren zuzulassen – ohne ausreichende nationale Prüfung. Damit droht die Schweiz zum Sammelbecken für Pestizide zu werden. Die nationale Souveränität bei der Zulassung würde aufgegeben, da die Schweiz als Nicht-Mitglied keinen geregelten Zugang zu Informationen über Produkte und kein Mitspracherecht über Zulassungen hat. Zusätzlich plant die Kommission, alle «Notfallzulassungen» aus den EU-Staaten zu übernehmen – Bewilligungen, die eigentlich nur in Ausnahmesituationen gelten sollten, sich aber zunehmend zum Normalfall entwickeln.
Warum verzögern sich Zulassungen für Pflanzenschutzmittel in der Schweiz?
Ältere Pflanzenschutzmittel verschwinden vom Markt, weil sie den Anforderungen an Umwelt- und Gesundheitsschutz nicht mehr genügen und eine Gefahr für Mensch und Umwelt darstellen. Neue Zulassungen kommen nur langsam. Die zuständige Behörde kommt wegen der vielen Gesuche mit ihrer Arbeit nicht hinterher.
Übernimmt die Schweiz EU-Regelungen bei Pestiziden?
Der Bundesrat hat im August 2025 die Totalrevision der Pestizidzulassungen vorgestellt, die Ende Jahr in Kraft tritt. Im Vergleich zum vorherigen Entwurf bringt sie nur minimale Verbesserungen. Beispielsweise werden darin erste Schritte für eine vereinfachte Zulassung von Pflanzenschutzmitteln mit geringem Umweltrisiko eingeleitet. Zudem sind automatische Verbote von besonders riskanten EU-Wirkstoffen vorgesehen, die in der EU bereits verboten sind. Unter dem Strich bringt sie aber eine Verschlechterung für Mensch und Umwelt, da mehr chemisch-synthetische Pestizide in die Schweiz gelangen werden.
Was sind Notfallzulassungen?
Bei der Notfallzulassung werden Pestizide für eine bestimmte Zeit zugelassen, ohne reguläre Prüfung. In der Schweiz werden solche Zulassungen sogar mehrere Jahre hintereinander erteilt. Auch in den EU-Ländern nehmen die Notfallzulassungen weiter zu. Wenn also die Schweiz alle Notfallzulassungen übernehmen würde, wäre das eine Carte blanche für Pestizide ohne reguläre Prüfung.
Welche Risiken bringt die Pestizid-Initiative von Bregy?
• Schweiz als Sammelbecken für Problem-Pestizide: In der Schweiz könnten Mittel zugelassen werden, die in den meisten EU-Ländern bereits verboten sind. Bereits die Pflanzenschutzmittelverordnung wird dazu führen, dass viele veraltete Pestizide in die Schweizer Umwelt gelangen – auf Kosten von Gewässern, Natur, Trinkwasser und Gesundheit. Die PaIv Bregy beabsichtigt ausserdem, EU-Notfallzulassungen zu übernehmen, die ohne reguläre Prüfung erteilt werden und auch problematische Wirkstoffe auf Schweizer Felder bringen.
• Weniger Kontrolle und Transparenz: Automatische Übernahmen könnten bedeuten, dass wir Entscheide aus Brüssel akzeptieren müssten, ohne vollen Einblick in Studien und Grundlagen. Die Schweiz verlöre Einfluss und Souveränität.
• Gefahr für Biodiversität: Pestizide belasten auch Bestäuber wie Bienen, Schmetterlinge und viele weitere für die Landwirtschaft unverzichtbare Insekten. Das bedeutet weniger Artenvielfalt und damit ein Risiko für die Ernährungssicherheit.
• Gesundheitsrisiken für Menschen: Rückstände von Pestiziden landen im Trinkwasser und in Lebensmitteln. Je mehr riskante Stoffe im Umlauf sind, desto höher ist das Risiko für Langzeitfolgen bei Mensch und Tier.
Gibt es bessere Alternativen zu EU-Pflanzenschutzmitteln?
• Fast-Track-Verfahren für biologische Pflanzenschutzmittel (Biocontrol): Statt Zulassungen pauschal zu übernehmen, bräuchte es klare Rahmenbedingungen für einen nachhaltigen und wirklich modernen Pflanzenschutz. Pflanzenschutzmittel mit geringem Risiko für Mensch und Umwelt – sogenannte Low-Risk- und Biocontrol- Mittel – müssen schneller und vereinfacht zugelassen werden. Die Schweiz braucht eine souveräne Zulassungsprüfung, die die Risiken für Biodiversität und menschliche Gesundheit ganzheitlich prüft. Nur so stehen umweltfreundliche und nachhaltige Mittel für die landwirtschaftliche Produktion rechtzeitig zur Verfügung. Eine solche Regelung fehlt bisher auch in der EU. Die Schweiz sollte hier vorangehen und sich als innovativer Produktionsstandort positionieren, indem sie ein beschleunigtes Zulassungsverfahren für umweltschonende Pflanzenschutzmittel etabliert.
• Förderung ganzheitlicher Methoden wie angepasste Fruchtfolgen, Mischkulturen und resistente Sorten.
• Förderprogramme für pestizidfreie Produktionssysteme stärken aktiv die Biodiversität, zum Beispiel durch Blühstreifen oder Lebensräume für Bestäuber. Mehr Biodiversität bringt zudem Nützlinge hervor, die Schädlinge bekämpfen und so den Pestizideinsatz reduzieren.