Wolf – Sozialer Räuber
Der Wolf braucht Platz: In der Natur und in unseren Köpfen
Werwolf, Rotkäppchen, der Wolf und die sieben Geisslein: In Erzählungen wird der Wolf oft als hinterhältiger und böser Räuber dargestellt. Der Wolf beflügelt unsere Fantasie und bewohnt unsere Alpträume. Dabei ist es wichtig, Märchen und Realität zu trennen.
Wölfe sind soziale Tiere, sie leben in Rudeln mit starken Bindungen. In Europa gehören zum Wolfsrudel neben den Eltern und ihren Welpen meist auch Nachkommen aus dem Vorjahr. Erst wenn sie geschlechtsreif sind, verlassen sie das Rudel.
Jedes Rudel besitzt ein Revier. Der Wolf jagt bevorzugt Rehe, Gämsen, Hirsche, Wildschweine und Elche. Daneben stehen auch Kleinsäuger, Insekten, Vögel, Reptilien, Früchte und Aas auf seinem Speiseplan. Sie jagen, was sie am einfachsten erbeuten können. Weil sie vorwiegend kranke und schwache Tiere erlegen, tragen sie zu einem gesunden Wildbestand bei.
Wölfe erbeuten aber auch Nutztiere wie Schafe und Ziegen, vor allem wenn diese ungeschützt sind. Pro Jahr sind es etwa 990 Nutztiere (Stand 2023). Zum Vergleich: Jährlich sterben circa 4000 Schafe an Krankheiten und bei Abstürzen auf der Alp, weil sie ungenügend kontrolliert werden.
Wir setzen uns dafür ein, dass der Wolf langfristig in der Schweiz überleben kann. Für ein friedliches Nebeneinander von Menschen und Grossraubtieren ist insbesondere der Schutz der in den Alpen sömmernden Schafe und Ziegen notwendig – hier liegt deshalb ein Fokus unserer Arbeit.
Der Konkurrent kehrt zurück
Gestern wie heute steht der Wolf in Konkurrenz zum Menschen. Nach der Ausrottung des Raubtiers Ende des 19.Jahrhunderts, kehren die ersten Wölfe nun wieder in ihre ursprünglichen Lebensräume zurück.
Zurückgedrängt und bejagt
Die Nutzung der Alpen erreichte im 19. Jahrhundert ihren Höhepunkt. In dieser Zeit waren viele Bergwälder durch Waldweide und übermässige Ausbeutung der Holzvorräte beeinträchtigt. Die ungeregelte Jagd trug das ihre zum Verschwinden der Beutetiere des Wolfes bei. Die Wölfe waren immer häufiger gezwungen, sich von Haustieren zu ernähren. Mit Gift und Gewehr rottete der Mensch schliesslich den Wolf gegen Ende des 19. Jahrhunderts aus.
Der grösste Feind
Oft wird der Wolf als Konkurrent gesehen. Er reisst ab und zu Nutztiere, hauptsächlich ungeschützte Schafe. Durch die Abwesenheit der Grossraubtiere mussten Nutztiere lange Zeit nicht mehr beschützt werden. Wie ein effektiver Schutz funktioniert, geriet in Vergessenheit.
Heute ist das Know-how jedoch wieder vorhanden, aber bei der Umsetzung harzt es noch. Die Politik will das Problem vermehrt mit dem Gewehr lösen. Doch nur in knapp einem Drittel der Fälle verringern Abschüsse von Raubtieren die Risse von Nutztieren. Und das erst noch bloss für kurze Zeit.
Zusammenleben ist möglich
Seit der ersten Einwanderung von Wölfen in der Schweiz engagiert sich der WWF für ein konfliktarmes Zusammenleben zwischen Mensch und Wolf.
Um dem Wolf wieder eine Heimat in der Schweiz zu geben, setzen wir auf präventive Massnahmen – etwa die Unterstützung des Herdenschutzes. Wo die Finanzierung des Bundes als zu knapp eingestuft wird und einmalige Ausgaben notwendig sind, um den Herdenschutz langfristig zu einzuführen, leisten wir auch finanzielle Unterstützung. Zum Beispiel beim Errichten von Hirtenhütten oder beim Anschaffen von Zaunmaterial. Unser Ziel ist, dass sich der Herdenschutz im Alpenraum selbstverständlich wird.
Heute stehen den 185'000 sömmernden Schafen erst knapp 650 Herdenschutzhunde gegenüber. Sprich: Nur ein Bruchteil des Potenzials für Herdenschutz wird ausgenutzt. Dabei verspricht diese Methode einen hohen Schutz. Allerdings beinhaltet Herdenschutz auch einen Mehraufwand für Nutztierhalter. Um die Hirten zu unterstützen, haben wir erfolgreich das Projekt freiwillige Hirtenhilfen aufgebaut, das mittlerweile an die Vereinigung für ökologische und sichere Alpbewirtschaftung (VösA) übergeben wurde. Mit Tipps für Wanderer und Biker helfen wir ausserdem, Konflikte zu vermeiden.
Bis heute ist der Wolf im grenzübergreifenden Alpenraum gefährdet. Solange sich dies nicht ändert, wird sich der WWF für dessen Schutz einsetzen – länderübergreifend und koordiniert im Rahmen des Alpenprogramms. Auf der politischen Ebene setzen wir uns ebenfalls für den Schutz des Wolfes ein.
Es gibt Lösungen
Herdenschutzhunde, freiwillige Hirtenhilfen und Aufklärungsarbeit: Wir handeln, damit der Wolf wieder Platz in seiner alten Heimat findet.